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Vorsichten s. für den Darleiher beim Anlegen eines
Kap itales.
§. 3. Beim Anlegen eines Kapitales soll ein kluger Haushälter vor Al¬
lem auf die größte Sicherheit sehen. Manche Menschen sind, durch Gewinn¬
sucht verleitet, nur darauf bedacht, die höchsten Zinsen von ihrem Kapi¬
tale zu genießen. Sie leihen daher nicht selten ihr Geld Leuten, welche
weder durch ihren Vermögensstand, noch durch ihre Redlichkeit und Spar¬
samkeit hinlängliche Sicherheit gewahren, und verlieren um eineS oder
zweier Gulden Zinsen mehr, häufig das, was sie mit schwerer Mühe
und durch manche Entbehrungen jahrelang zusammengespart haben.
Andere kommen dagegen wieder durch ihre Herzensgüte um ihr Ver¬
mögen. Sie können dem Andringe» leichtsinniger Schuldenmacher nicht
widerstehen, sie vertrauen ihnen Summen an, von denen sie oft nichts
mehr zu sehen bekommen. Es läßt sich nicht läugnen, daß es eine Gat¬
tung Menschen gibt, deren Gcldgesuchen nur ein eisernes Herz widerstehen
kann. Die Delikatesse, womit sie das Ansuchen stellen, die Keckheit,
womit sie uns die Gewißheit der pünktlichsten Bezahlung vormalen, die
gekränkte und beleidigte Miene, wenn wir ihrem Gesuche zu willfahren
nicht sogleich bereit sind, bringen den Geldbesitzer oft so außer Fassung,
daß er nicht mehr die Kraft besitzt, vor diesen gefährlichen Menschen sei¬
nen Beutel verschlossen zu halten. Leichtsinnigen Schnldenmachern Geld
vorzustrecken, ist für den Gläubiger und Schuldner in gleichem Maße
verderblich. Der letztere wird dadurch nur noch leichtsinniger und unbe¬
dachtsamer, der erste aber macht sich selten einen Freund; denn will er
zur Verfallzeit sein Geld zurück haben, so gibt es immer schale Gesichter,
Verdruß und nicht selten Verlust.
Aus dem Gesagten möge jedoch niemand die irrige Schlußfolgerung
ziehen, daß inan auch dem bedürftigen, aber redlichen Manne ohne ge¬
nügende S icherheit kein Darleihen geben soll. Die Sparsamkeit und Ge¬
wissenhaftigkeit des unbemittelten Entlehners gewähren wohl auch eins
sichere Bürgschaft der Rückzahlung. So lange das Verhältniß zwischen
Schuldner und Gläubiger auf Redlichkeit und Billigkeit gegründet ist, so
lange der Gläubiger nicht bloß leiht, um seine Habsucht zu befriedigen,
der Schuldner nicht darum borgt, um seiner Verschwendung zu fröhnen,
sondern der eine nur gibt, der andere nur nimmt, um dem wahren Be¬
dürfnisse abzuhelfen, und beide ihren Verpflichtungen gewissenhaft »ach-
zukommen bemüht sind, so lange werden Darleihensgeschäfte die Quelle
eines vermehrten Verkehres und das Mittel einer gesteigerten Thätigkeit
im Handel und in der Industrie seyn.
Bei Darleihensgeschäften mit gewissen Personen hat mau sich wohl
in Acht zu nehmen, denn: