Full text: Der populäre Rechtsfreund

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will, handelt vorsichtig, sich durch die Errichtung eines Heirathskon- 
traktes zu sichern; denn, wenn man bedenkt , wie unvorsichtig und un¬ 
überlegt manchmal Ehen geschlossen werden, wie wenig man sich oft ge¬ 
genseitig kennt und kennen zu lernen bemüht ist, wie häufig blinde Lei¬ 
denschaft, Eigennutz, Ehrsucht und ähnliche Dämonen des eheliche» 
Glückes das Eheband knüpfen, dann wird man es gewiß nothwendig er¬ 
achten , wenigstens hinsichtlich des Vermögens mit Vorsicht, Überlegung 
und Klugheit in den Ehepakten die erforderlichen Anordnungen zu tref¬ 
fen , damit, wenn man schon seine Ruhe und Zufriedenheit dem trüglichen 
Zufalle überläßt, doch wenigstens die Zukunft vor Entbehrung und Noth 
gesichert werde. 
Bei Errichtung von Ehepakten muß auch die Billigkeit berücksichti¬ 
get werden. Es gibt Stände, bei welchen die Gattin eben so zum Er¬ 
werbe mitwirkt, wie der Mann, z. B. bei dem Bauernstände, und ei¬ 
nigen Bürgersleuten; bei andern hingegen, wie bei den größeren Han¬ 
delsleuten, Künstlern, Gelehrten erwirbt der Mann allein. Im ersten 
Falle ist es nicht mehr als billig, daß die Ehegattin, welche zum Er¬ 
werbe beiträgt, auch durch die Ehepakten ihren Antheil an dem er¬ 
worbenen Vermögen gesichert erhalte; aus diesem Grunde ist bei solchen 
Ständen die Gütergemeinschaft in der Regel. Aber auch in dem Falle, 
als die Gattin dem Manne ein Vermögen zubringt, ist es billig, daß 
ihr dasselbe durch die Ehepakten versichert werde, damit sie nicht durch 
einen leichtsinnigen, lieblosen Gatten darum gebracht, und mit ihren 
Kindern durch seine üble Wirtschaft künftigem Nothstande Preis gegeben 
werde. Am übelsten sind Frauen daran, die im Alter bereits vorgerückt 
sind; denn wie viel müssen sie oft dem jungen Eheherrn verschreiben, 
um ihn nur in's Ehejoch zu ziehen! Wenn sich nun eine Frau von einer 
so gewagten Verbindung durchaus nicht abbringen lassen will, so sey sie 
doch wenigstens mit der Verschreibung ihres Vermögens nicht zu voreilig; 
denn macht der künftige Ehegatte diese zur unerläßlichen Bedingung, so 
liegt seine Absicht klar am Lage, und es läßt sich ohne prophetische» Geist 
Voraussagen, wie unglücklich die Ehe ausfallen werde. Verliert die ar¬ 
me , getäuschte Frau die Zuneigung ihres Mannes, so hat sie dann ge¬ 
wöhnlich auch den Verlust ihres Vermögens zu beklagen. 
Zeitpunkt der Errichtung. 
§. 4. Es ist nicht unbedingt nothwendig, sondern nur vorsichtig, daß die 
Ehepakten gleich bei Schließung der Ehe errichtet werden, dieß kann auch 
nach der Willkühr der Ehegatten kurz oder lang darnach geschehen. Die 
bereits errichteten Ehepakten können auch bei großjährigen Ehegatten wie¬ 
der aufgehoben, abgeändert oder dagegen andere errichtet werden; jedoch
	        
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