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Auf Befehl des Papstes hat alsdann der Bischof
dieses Corporale in feierlicher Procession von Balseno
nach Viterbo getragen und daselbst in der Domkirche
mit höchster Ehrerbietung beigelegt.
Bewogen durch dieses Wunderzeichen und den Bericht
aus Lüttich verordnete nun der Papst, daß der heilige
Fronleichnamstag in der ganzen katholischen Christen
heit hochfeierlich begangen werde, was auch bis auf
den heutigen Tag allerorten so geschieht.
Danach hat auch die Bruderschaft des hl. Fron
leichnams , deren Ursprung man dem hl. Thomas
von Aquino zuschreiben will, ihren Anfang genommen.
XlrVI.
Der vierunddreißigste Altar. — Die St.
Georgs-Capelle sammt dem Altar haben die
Herren Pfeiffer uusrichten lassen; auch ist ihre Be-
gräbnißstätte dort.
Ober der Capelle befindet sich ein Chor, auf welchem
gewöhnlich der Kapellmeister zu musiciren pflegt
Den sünsunddrcißi gsten, der hl. Anna ge
weihten Altar hat Herr Baron vo'n Carlshofen
erst kürzlich von neuem erbauen lassen.
XDV1I.
Den sechs undd reiß igsten Altar hat Se.
Gnaden der hochwürdigste Herr Georg von Slat-
konia, sechster Bischof von Wien, um das Jahr
1513 sammt seiner Gruft und dem bestehenden Epi
taphium dem hl. Briccius zu Ehren errichten lassen.
Auf dem Epitaphium ist folgende Grabschrift zu
lesen: .,6l6orßfins Zlutfioriiu, riutinno 6urnioiu8,
OivitutD Dubuo6N8i8 orinnriu3, bnju3 tompli
Doutitsx et ?6tiuen3i8 XslmiriDtrutoi'. Divi
Nuximiliuni 0u68uri3 XuAU8ti88imi u 0on8iiio,
X.robimu8iou8ssue, vir pienti38iiuu8, iuoäe8ti88i-
nau3, inteA6irimu3, ^ui in ornunffo Dpi300putu
VisQlienÄ 0 MN 68 X.nteo6380r68 8 U 08 lueile
3uperuvit, vivu8 8ibi boo monumentum tisri
ouruvit. Xrino eulutie NDXXII, 8exto Onionfius
Nusi, vixit urini3 DXVI, meu3S uno, ffiobu8
gsuin^ue."
(Deutsch:)
Georg Slatkonia, gebürtig aus Laibach in Krain,
Bischof dieser Kirche und Administrator von Petina;
des erhabenen Kaisers Maximilian Rath und Musikus,
ein sehr frommer, bescheidener, tadelloser Mann, welcher
als Zierde des Bisthums Wien alle seine Vorgänger
überragte, hat sich bei Lebzeiten dieses Denkmal setzen
lassen. (Er starb) im Jahre des Heils 1522 am 26. April,
66 Jahre 1 Monat und 5 Tage alt.
Während dieses gottseeligen Bischofs Lebzeiten ist
Martin Luther aufgetreten, welcher geboren war
unter der Regierung des Kaisers Maximilian anno
1483 zu Eislebeu im Harz, einer Stadt in der Graf
schaft Mansfeld in Nieder-Sachsen, in der St. Martini
nacht, den 10. November, zwischen 11 und 12 Uhr.
") Im Krakauer Kalender vom Jahre 1724 findet sich
noch folgender Zusatz: „Auch die Musik, welche sonsten vor
dem Geländer des Hochaltars gehalten wurde, wird nun aus
der neu ausgerichteten „Bahr" (Empore), die dem kaiserlichen
Oratorium gleichgemacht worden, und bei der neuen Orgel
gehalten."
Sein Vater war ein Bergmann oder Schieferhauer
und hieß Hanns Luther, seine Mutter Margaretha.
Er begann seine Studien 1497 zu Magdeburg, setzte
sie 1503 zu Erfurt fort, wurde daselbst 1505 Magister
und anno 1507 Augustiner-Mönch. 1508 reiste er nach
Wittenberg, 1510 nach Rom und wurde 1512 Doctor
der hl. Schrift. 1517 apostasirte er und heiratete
danach; er wurde nämlich im 42. Lebensjahre am
Dreifaltigkeitssonntage des Jahres 1425 mit Katharina
Bora, die Chorschwester zu St. Clara in Eisleben
war, zu Wittenberg getraut. 1525 gab er einen kleinen
und großen Katechismus heraus und verdeutschte 1527
die Bibel. Er starb zu Eisleben am 18. Februar
1546, lebte also 63 Jahre 5 Monate und 10 Tage,
und wurde am 22. Februar in der Schloßkirche zu
Wittenberg begraben. Er hinterließ drei Söhne. Sein
Symbolum war: „Verbum Domini munet. in
uobornum« (das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit),
sein Wappen eine runde Rose, darinnen ein Herz und
in demselben das Kreuz Christi.
XD VIII.
Der s i e b e n u n d d r e i ß i g st e Altar ist dem
hl. Wolfgang zu Ehren geweiht worden.
Vor demselben steht ein großes Muttergottesbild
mit dem Kindlein Jesu auf dem Arme von Bild
schnitzerarbeit und daneben aus einem Kasten ein
kleines, welche beide von dem Volke seit undenklichen
Zeiten mit großer Andacht verehrt werden und vor
denen auch Tag und Nacht in silbernen Lampen bren
nende Lichter hängen.
ID.
Der achtunddreißigste und letzte Altar
ist der Hochaltar in Unserer Lieben Frauen Capellen
(nördlicher Seitenchor). Das Blatt desselben, darstellend
Mariä Himmelfahrt, von dem vornehmen
Künstler Christian Mühler gemalt, ist aus den Ein
künften der Domkirche von dem hiesigen Stadtmagi
strate angeschafft, aber vor Jahren ") von demselben
wieder weggenommen und dafür das jetzige, „von dem
berühmten Maler und Kunstführer Spilberger"
gemalte eingesetzt worden.
D.
Neben diesem Frauen Altäre, auf der Epistelseite,
zwischen zwei Säulen, befindet sich das schöne, aus
Stein gehauene Nuusoioum Xibsrti
I) ir o i 3 V n 8 tr i u o (Grabmal des Herzogs Al-
brecht von Oesterreich), auf welchem folgende Verse zu
lesen sind:
„Xiberti Duei3 Xii8truii3 iirel^tu Droitz3
(lonju^is. ip8iu3 cle DerrstDcjne .loiurrinne
Doo tumuintn ioeo, popuio reeolencin clevoto."
(Deutsch:)
Hier liegt begraben das erlauchte Kind des Herzogs
Albrecht von Oesterreich und seiner Gemahlin Johanna
von Pfirt, dem andächtigen Volke zum Gedächtniß.
(Fortsetzung folgt.)
") So steht im Krakauer Kalender vom Jahre 1724. Im
Manuskripte heißt es: „anno . . . .", fehlt aber die Jahres
zahl.
Herausgegeben vom Wiener Dombauveretne.
Redacteur: Prof. Dr. Wilhelm A. Neumaun.
Kanzlei deS Vereines.- Stadt, fürsterzbischöfliches Palais.
Druck der k. Wiener -jeitunq.