Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 10 (2. Serie) 1890 (10.1890,10 (2. Serie))

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Auf Befehl des Papstes hat alsdann der Bischof 
dieses Corporale in feierlicher Procession von Balseno 
nach Viterbo getragen und daselbst in der Domkirche 
mit höchster Ehrerbietung beigelegt. 
Bewogen durch dieses Wunderzeichen und den Bericht 
aus Lüttich verordnete nun der Papst, daß der heilige 
Fronleichnamstag in der ganzen katholischen Christen 
heit hochfeierlich begangen werde, was auch bis auf 
den heutigen Tag allerorten so geschieht. 
Danach hat auch die Bruderschaft des hl. Fron 
leichnams , deren Ursprung man dem hl. Thomas 
von Aquino zuschreiben will, ihren Anfang genommen. 
XlrVI. 
Der vierunddreißigste Altar. — Die St. 
Georgs-Capelle sammt dem Altar haben die 
Herren Pfeiffer uusrichten lassen; auch ist ihre Be- 
gräbnißstätte dort. 
Ober der Capelle befindet sich ein Chor, auf welchem 
gewöhnlich der Kapellmeister zu musiciren pflegt 
Den sünsunddrcißi gsten, der hl. Anna ge 
weihten Altar hat Herr Baron vo'n Carlshofen 
erst kürzlich von neuem erbauen lassen. 
XDV1I. 
Den sechs undd reiß igsten Altar hat Se. 
Gnaden der hochwürdigste Herr Georg von Slat- 
konia, sechster Bischof von Wien, um das Jahr 
1513 sammt seiner Gruft und dem bestehenden Epi 
taphium dem hl. Briccius zu Ehren errichten lassen. 
Auf dem Epitaphium ist folgende Grabschrift zu 
lesen: .,6l6orßfins Zlutfioriiu, riutinno 6urnioiu8, 
OivitutD Dubuo6N8i8 orinnriu3, bnju3 tompli 
Doutitsx et ?6tiuen3i8 XslmiriDtrutoi'. Divi 
Nuximiliuni 0u68uri3 XuAU8ti88imi u 0on8iiio, 
X.robimu8iou8ssue, vir pienti38iiuu8, iuoäe8ti88i- 
nau3, inteA6irimu3, ^ui in ornunffo Dpi300putu 
VisQlienÄ 0 MN 68 X.nteo6380r68 8 U 08 lueile 
3uperuvit, vivu8 8ibi boo monumentum tisri 
ouruvit. Xrino eulutie NDXXII, 8exto Onionfius 
Nusi, vixit urini3 DXVI, meu3S uno, ffiobu8 
gsuin^ue." 
(Deutsch:) 
Georg Slatkonia, gebürtig aus Laibach in Krain, 
Bischof dieser Kirche und Administrator von Petina; 
des erhabenen Kaisers Maximilian Rath und Musikus, 
ein sehr frommer, bescheidener, tadelloser Mann, welcher 
als Zierde des Bisthums Wien alle seine Vorgänger 
überragte, hat sich bei Lebzeiten dieses Denkmal setzen 
lassen. (Er starb) im Jahre des Heils 1522 am 26. April, 
66 Jahre 1 Monat und 5 Tage alt. 
Während dieses gottseeligen Bischofs Lebzeiten ist 
Martin Luther aufgetreten, welcher geboren war 
unter der Regierung des Kaisers Maximilian anno 
1483 zu Eislebeu im Harz, einer Stadt in der Graf 
schaft Mansfeld in Nieder-Sachsen, in der St. Martini 
nacht, den 10. November, zwischen 11 und 12 Uhr. 
") Im Krakauer Kalender vom Jahre 1724 findet sich 
noch folgender Zusatz: „Auch die Musik, welche sonsten vor 
dem Geländer des Hochaltars gehalten wurde, wird nun aus 
der neu ausgerichteten „Bahr" (Empore), die dem kaiserlichen 
Oratorium gleichgemacht worden, und bei der neuen Orgel 
gehalten." 
Sein Vater war ein Bergmann oder Schieferhauer 
und hieß Hanns Luther, seine Mutter Margaretha. 
Er begann seine Studien 1497 zu Magdeburg, setzte 
sie 1503 zu Erfurt fort, wurde daselbst 1505 Magister 
und anno 1507 Augustiner-Mönch. 1508 reiste er nach 
Wittenberg, 1510 nach Rom und wurde 1512 Doctor 
der hl. Schrift. 1517 apostasirte er und heiratete 
danach; er wurde nämlich im 42. Lebensjahre am 
Dreifaltigkeitssonntage des Jahres 1425 mit Katharina 
Bora, die Chorschwester zu St. Clara in Eisleben 
war, zu Wittenberg getraut. 1525 gab er einen kleinen 
und großen Katechismus heraus und verdeutschte 1527 
die Bibel. Er starb zu Eisleben am 18. Februar 
1546, lebte also 63 Jahre 5 Monate und 10 Tage, 
und wurde am 22. Februar in der Schloßkirche zu 
Wittenberg begraben. Er hinterließ drei Söhne. Sein 
Symbolum war: „Verbum Domini munet. in 
uobornum« (das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit), 
sein Wappen eine runde Rose, darinnen ein Herz und 
in demselben das Kreuz Christi. 
XD VIII. 
Der s i e b e n u n d d r e i ß i g st e Altar ist dem 
hl. Wolfgang zu Ehren geweiht worden. 
Vor demselben steht ein großes Muttergottesbild 
mit dem Kindlein Jesu auf dem Arme von Bild 
schnitzerarbeit und daneben aus einem Kasten ein 
kleines, welche beide von dem Volke seit undenklichen 
Zeiten mit großer Andacht verehrt werden und vor 
denen auch Tag und Nacht in silbernen Lampen bren 
nende Lichter hängen. 
ID. 
Der achtunddreißigste und letzte Altar 
ist der Hochaltar in Unserer Lieben Frauen Capellen 
(nördlicher Seitenchor). Das Blatt desselben, darstellend 
Mariä Himmelfahrt, von dem vornehmen 
Künstler Christian Mühler gemalt, ist aus den Ein 
künften der Domkirche von dem hiesigen Stadtmagi 
strate angeschafft, aber vor Jahren ") von demselben 
wieder weggenommen und dafür das jetzige, „von dem 
berühmten Maler und Kunstführer Spilberger" 
gemalte eingesetzt worden. 
D. 
Neben diesem Frauen Altäre, auf der Epistelseite, 
zwischen zwei Säulen, befindet sich das schöne, aus 
Stein gehauene Nuusoioum Xibsrti 
I) ir o i 3 V n 8 tr i u o (Grabmal des Herzogs Al- 
brecht von Oesterreich), auf welchem folgende Verse zu 
lesen sind: 
„Xiberti Duei3 Xii8truii3 iirel^tu Droitz3 
(lonju^is. ip8iu3 cle DerrstDcjne .loiurrinne 
Doo tumuintn ioeo, popuio reeolencin clevoto." 
(Deutsch:) 
Hier liegt begraben das erlauchte Kind des Herzogs 
Albrecht von Oesterreich und seiner Gemahlin Johanna 
von Pfirt, dem andächtigen Volke zum Gedächtniß. 
(Fortsetzung folgt.) 
") So steht im Krakauer Kalender vom Jahre 1724. Im 
Manuskripte heißt es: „anno . . . .", fehlt aber die Jahres 
zahl. 
Herausgegeben vom Wiener Dombauveretne. 
Redacteur: Prof. Dr. Wilhelm A. Neumaun. 
Kanzlei deS Vereines.- Stadt, fürsterzbischöfliches Palais. 
Druck der k. Wiener -jeitunq.
	        
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