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Schönheit der Gewandung, der malerischen Gruppirung
ein großes Geschick schon im Bossiren und Zartheit in
der 'Ausführung. Das ist in ein oder ein paar Jahren
nicht möglich. So viel möchte ich annehmen, daß die
4 älteren Bilder, die mit 8L.X6DV8, vielleicht noch
am Anfänge der Siebziger-Jahre fertig waren, die 4
anderen mochten wohl begonnen sein, erhielten aber
die Vollendung und mit ihr die Inschriften DIVV8
bedeutend später.
Man sieht, daß sich das Denkmal gründlich über
das Wiener Bisthum ansschweigt, und doch hatte Kaiser-
Friedrich die kanonische Begründung des Wiener Bis-
thnms ganz gleichzeitig mit der von Neustadt und
Laibach u. s. w. in Rom von Papst Paul II. erwirkt.
Es ist augenscheinlich, daß es gar nicht für Wien be
stimmt war. Nun habe ich seinerzeit im Dombaublatte
die Meinung ausgesprochen, daß das Denkmal für die
Lieblingsstiftung des Kaiserpaares, das Ncukloster, be
stimmt gewesen sei. Und die Gründe sind allerdings
bestechend:
1. Im Neukloster ruhen die Kaiserin Leonore und
ihre drei Kinderchen,
2. ans dem Denkmal haben die Cisterzienser von
Nenkloster sicher den ersten Platz;
3. Wenn das Denkmal für die Neuklosterkirche be
stimmt war, entfallen gewisse technische Schwierigkeiten,
welche daraus erwachsen, daß ein so geradezu un
geheures Gewicht auf einen nicht allzu großen Flächen
raum eines Gewölbes, wie es bei der Aufstellung in
der St. Gcorgskapelle in der Burg zu Wiener-Neustadt
jetzt Militär-Akademie) no'hwendig der Fall ist, drücken
muß; denn es ist zu bedenken, daß die Einfahrt in
den Burghof gerade unter dem Monnmente hätte hin
führen müssen, weil in den Seitenschiffen der Georgs
kapelle das Monument keinen Raum gehabt hätte. Das
vollständig ausgeführte Monument wiegt n u r in seiner
Marmorverkleidung circa 44.000 Kgr. Dazu kommt
noch der nothwcndige Kern in Ziegelbau und die,
wenn auch nicht tiefe, so doch unabweisbare Fun-
damentirung auf dem gar nicht allzu dicken Gewölbe
der Einfahrt. Der Dombauleiter von St. Stephan, Herr
Hermann, hatte die Güte, die ungefähre Schätzung
dieses Gewichtes und den Augenscheinbefnnd in der
St. Georgskapelle selbst zu machen. Er schätzt das Ge
wicht der nothwcndigen Ziegclaufbauten auf circa
21.000 Kgr., so hätte denn das in seiner künstlichen
spätgothischen Gurtenstellung nicht allzu starke Gewölbe
unter dem Mittelschiffe die Last von 050 Mctr. auf
einem ziemlich kleinen Raum tragen müssen, so daß
etwa 22 Mctr. Druck auf den Quadratmeter
der Grundfläche des Denkmales, natür
lich in der Mitte, wo der Deckel liegt, bedeutend mehr,
am Rande unter der Balustrade bedeutend weniger,
lasten müßte.
Obschon ich diese Bedenken hege, füge ich mich doch
den Darstellungen des Herrn Custos W. B o e l^e i in
in den Mitth der Centr.-Comm XX. XlV, S. 22
und glaube wirklich, daß, als der Kaiser Friedrich Hk.
daran dachte, sich ein Monument zu s tzen, er die
Burgkapelle in Neustadt als Begrübuißort sich aus
ersehen habe. Wenn aber Boeheim weiter vermuthet,
der Kaiser habe auch das Grabmal der Kaiserin Leonore
dahin übertragen wollen, so mag es bei dieser Ver-
mnthung bleiben. Durchgesührt wurde eben von alledem
Nichts.
Es scheint fast, als habe der Kaiser Demjenigen, dem
er den Auftrag gab, eine Visur für das Grabmonu
ment zu verfertigen, nicht gesagt, wohin er es
bestimmt habe. Und erst später, als der Stein fertig
war, mochte vielleicht ein bauverstündiger Mann con-
sultirt worden sein, der wahrscheinlich die von mir
gegebenen Bedenken dem Kaiser gegenüber aussprach.
(Daß 1528 auch Köldrer trotz seiner im Ganzen
nicht so düsteren Darstellung von der Stärke des Ge
wölbes doch demselben nicht allzu viel trauen wollte,
sieht mau daraus, daß er im mittleren Gewölbcfelde,
wo er das Maximiliandenkmal hätte aufstellen wollen,
unte n das Gewölbe aufheben, von Neuem zuwölben
und unten vom Grunde auf 4 Dienstpfeiler
anfbauen wollte, sammt einem starken Frohnbogen . . .
von gehauenen Steinen. 4X8. Reg. 3016.) Auch
Kaiser Maximilian scheint so vorgegangen zu sein; die
Visur für das Monnment und die Bronzestatuen mochten
schon lange fertig sein, der Kaiser mochte nur in etwas
unbestimmter Weise über die Aufstellungsart in Wiener-
Neustadt gedacht haben. Technische Bedenken kannte er
übrigens sicher, denn er gibt ihnen in seinem Testa
mente einen bestimmten Ausdruck in Bezug auf den
Druck, der ans den Gewölben unter der St. Georgs
kapelle lasten würde. 4X8. LsZ. Nr. 480. Erst lange
nach dem Tode des Kaisers Max 1528 wurde von der
St. Gcorgskapelle in Neustadt definitiv abgesehen und
zuerst die Bnrgkapelle in Innsbruck, dann aber die
1563 eingcweihte hl. Krcuzkapelle daselbst als Auf
stellungsort bestimmt. (4X8. LsZ. 3016 vom September
1528, S. exi, vis, Hofmaler und Baumeister Köld erer
kritisirt die Aufstellung in der Dominikanerkirche, bei
St. Stephan, den Augustinern, der Kapelle bei Hof; — in
Neustadt das „Wenediktinerkloster", Bnrgkapelle. Zim
mermann in kunstgesch. Charakterbilder, S. 189, 192.)
Immerhin ist ungefähr das Jahr 1468 für die
Visur des Friedrich s-Denkmalcs wichtig, denn die Visur
hängt deutlich mit der Römerreise des Kaisers zusammen;
die Römerreise aber ist in einem bestimmten Zusammen
hänge mit dem Tode der Kaiserin Eleonora (10. Febr.
1467). 1467 aber wird wieder allgemein als das
Jahr bezeichnet, in welchem der Kaiser den M Niclas
Lerch von Leyden, Leyen oder Straßbnrg zu sich
befohlen habe.
Wirklich hat schon Marqnard Herrgott die
Meinung ausgesprochen, daß das Denkmal der Kaiserin
Leonore im Neukloster zn Wr.-Neustadt von demselben
Meister herrühre, der das Friedrichs-Denkmal in Wien
geschaffen und er nennt ihn direct M. Niclas Lerch
und beruft sich auf W e n ck e r, ^.pxarakas vt in-
strnotms . . . ^.nno 1713, pa§. 18. W e n ck e r sagt
nämlich, daß Kaiser Friedrich den M. Niclas von
Straßbnrg 1467 zu sich erfordert und von der Stadt
begehrt habe, um für den Kaiser einen Grabstein zu
machen.
Ich setze einen Theil der über M. NiXas (Lerch)
von Leyen, Leyden, Straßbnrg vorhandenen neueren
Literatur hieher, damit, wer sich über den Meister
informiren will, die Originalquellen finde, die freilich