Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 22 und 23 (2. Serie) 1893 (13.1893,22-23 (2. Serie))

89 
Schönheit der Gewandung, der malerischen Gruppirung 
ein großes Geschick schon im Bossiren und Zartheit in 
der 'Ausführung. Das ist in ein oder ein paar Jahren 
nicht möglich. So viel möchte ich annehmen, daß die 
4 älteren Bilder, die mit 8L.X6DV8, vielleicht noch 
am Anfänge der Siebziger-Jahre fertig waren, die 4 
anderen mochten wohl begonnen sein, erhielten aber 
die Vollendung und mit ihr die Inschriften DIVV8 
bedeutend später. 
Man sieht, daß sich das Denkmal gründlich über 
das Wiener Bisthum ansschweigt, und doch hatte Kaiser- 
Friedrich die kanonische Begründung des Wiener Bis- 
thnms ganz gleichzeitig mit der von Neustadt und 
Laibach u. s. w. in Rom von Papst Paul II. erwirkt. 
Es ist augenscheinlich, daß es gar nicht für Wien be 
stimmt war. Nun habe ich seinerzeit im Dombaublatte 
die Meinung ausgesprochen, daß das Denkmal für die 
Lieblingsstiftung des Kaiserpaares, das Ncukloster, be 
stimmt gewesen sei. Und die Gründe sind allerdings 
bestechend: 
1. Im Neukloster ruhen die Kaiserin Leonore und 
ihre drei Kinderchen, 
2. ans dem Denkmal haben die Cisterzienser von 
Nenkloster sicher den ersten Platz; 
3. Wenn das Denkmal für die Neuklosterkirche be 
stimmt war, entfallen gewisse technische Schwierigkeiten, 
welche daraus erwachsen, daß ein so geradezu un 
geheures Gewicht auf einen nicht allzu großen Flächen 
raum eines Gewölbes, wie es bei der Aufstellung in 
der St. Gcorgskapelle in der Burg zu Wiener-Neustadt 
jetzt Militär-Akademie) no'hwendig der Fall ist, drücken 
muß; denn es ist zu bedenken, daß die Einfahrt in 
den Burghof gerade unter dem Monnmente hätte hin 
führen müssen, weil in den Seitenschiffen der Georgs 
kapelle das Monument keinen Raum gehabt hätte. Das 
vollständig ausgeführte Monument wiegt n u r in seiner 
Marmorverkleidung circa 44.000 Kgr. Dazu kommt 
noch der nothwcndige Kern in Ziegelbau und die, 
wenn auch nicht tiefe, so doch unabweisbare Fun- 
damentirung auf dem gar nicht allzu dicken Gewölbe 
der Einfahrt. Der Dombauleiter von St. Stephan, Herr 
Hermann, hatte die Güte, die ungefähre Schätzung 
dieses Gewichtes und den Augenscheinbefnnd in der 
St. Georgskapelle selbst zu machen. Er schätzt das Ge 
wicht der nothwcndigen Ziegclaufbauten auf circa 
21.000 Kgr., so hätte denn das in seiner künstlichen 
spätgothischen Gurtenstellung nicht allzu starke Gewölbe 
unter dem Mittelschiffe die Last von 050 Mctr. auf 
einem ziemlich kleinen Raum tragen müssen, so daß 
etwa 22 Mctr. Druck auf den Quadratmeter 
der Grundfläche des Denkmales, natür 
lich in der Mitte, wo der Deckel liegt, bedeutend mehr, 
am Rande unter der Balustrade bedeutend weniger, 
lasten müßte. 
Obschon ich diese Bedenken hege, füge ich mich doch 
den Darstellungen des Herrn Custos W. B o e l^e i in 
in den Mitth der Centr.-Comm XX. XlV, S. 22 
und glaube wirklich, daß, als der Kaiser Friedrich Hk. 
daran dachte, sich ein Monument zu s tzen, er die 
Burgkapelle in Neustadt als Begrübuißort sich aus 
ersehen habe. Wenn aber Boeheim weiter vermuthet, 
der Kaiser habe auch das Grabmal der Kaiserin Leonore 
dahin übertragen wollen, so mag es bei dieser Ver- 
mnthung bleiben. Durchgesührt wurde eben von alledem 
Nichts. 
Es scheint fast, als habe der Kaiser Demjenigen, dem 
er den Auftrag gab, eine Visur für das Grabmonu 
ment zu verfertigen, nicht gesagt, wohin er es 
bestimmt habe. Und erst später, als der Stein fertig 
war, mochte vielleicht ein bauverstündiger Mann con- 
sultirt worden sein, der wahrscheinlich die von mir 
gegebenen Bedenken dem Kaiser gegenüber aussprach. 
(Daß 1528 auch Köldrer trotz seiner im Ganzen 
nicht so düsteren Darstellung von der Stärke des Ge 
wölbes doch demselben nicht allzu viel trauen wollte, 
sieht mau daraus, daß er im mittleren Gewölbcfelde, 
wo er das Maximiliandenkmal hätte aufstellen wollen, 
unte n das Gewölbe aufheben, von Neuem zuwölben 
und unten vom Grunde auf 4 Dienstpfeiler 
anfbauen wollte, sammt einem starken Frohnbogen . . . 
von gehauenen Steinen. 4X8. Reg. 3016.) Auch 
Kaiser Maximilian scheint so vorgegangen zu sein; die 
Visur für das Monnment und die Bronzestatuen mochten 
schon lange fertig sein, der Kaiser mochte nur in etwas 
unbestimmter Weise über die Aufstellungsart in Wiener- 
Neustadt gedacht haben. Technische Bedenken kannte er 
übrigens sicher, denn er gibt ihnen in seinem Testa 
mente einen bestimmten Ausdruck in Bezug auf den 
Druck, der ans den Gewölben unter der St. Georgs 
kapelle lasten würde. 4X8. LsZ. Nr. 480. Erst lange 
nach dem Tode des Kaisers Max 1528 wurde von der 
St. Gcorgskapelle in Neustadt definitiv abgesehen und 
zuerst die Bnrgkapelle in Innsbruck, dann aber die 
1563 eingcweihte hl. Krcuzkapelle daselbst als Auf 
stellungsort bestimmt. (4X8. LsZ. 3016 vom September 
1528, S. exi, vis, Hofmaler und Baumeister Köld erer 
kritisirt die Aufstellung in der Dominikanerkirche, bei 
St. Stephan, den Augustinern, der Kapelle bei Hof; — in 
Neustadt das „Wenediktinerkloster", Bnrgkapelle. Zim 
mermann in kunstgesch. Charakterbilder, S. 189, 192.) 
Immerhin ist ungefähr das Jahr 1468 für die 
Visur des Friedrich s-Denkmalcs wichtig, denn die Visur 
hängt deutlich mit der Römerreise des Kaisers zusammen; 
die Römerreise aber ist in einem bestimmten Zusammen 
hänge mit dem Tode der Kaiserin Eleonora (10. Febr. 
1467). 1467 aber wird wieder allgemein als das 
Jahr bezeichnet, in welchem der Kaiser den M Niclas 
Lerch von Leyden, Leyen oder Straßbnrg zu sich 
befohlen habe. 
Wirklich hat schon Marqnard Herrgott die 
Meinung ausgesprochen, daß das Denkmal der Kaiserin 
Leonore im Neukloster zn Wr.-Neustadt von demselben 
Meister herrühre, der das Friedrichs-Denkmal in Wien 
geschaffen und er nennt ihn direct M. Niclas Lerch 
und beruft sich auf W e n ck e r, ^.pxarakas vt in- 
strnotms . . . ^.nno 1713, pa§. 18. W e n ck e r sagt 
nämlich, daß Kaiser Friedrich den M. Niclas von 
Straßbnrg 1467 zu sich erfordert und von der Stadt 
begehrt habe, um für den Kaiser einen Grabstein zu 
machen. 
Ich setze einen Theil der über M. NiXas (Lerch) 
von Leyen, Leyden, Straßbnrg vorhandenen neueren 
Literatur hieher, damit, wer sich über den Meister 
informiren will, die Originalquellen finde, die freilich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.