Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 22 und 23 (2. Serie) 1893 (13.1893,22-23 (2. Serie))

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spärlich fließen, damit man aber auch, im Zusammen 
halte mit dem, was wir in Neustadt und Wien von 
M. Niclas besitzen, sich darüber ein Urtheil bilden 
kann, ob Bode (Gesch. d. deutschen Plastik, S. 200) 
den M. Niclas gerecht beurtheilt, wenn er die Wahl 
des Kaisers eine „kaum sehr glückliche" nennt. Viel 
mehr wird man ersehen, daß in Deutschland man damals 
mit hohen Lobeserhebungen über M. Niclas sprach: 
Feil in Schmid t's Kunst und Alterth. 1, Heft, 
S. 7. — Quast n. Otte, Zeitschr. f. christl. Arch. 
u. Kunst, II, 292. — Kunsttopographie von Dr. 
W. Lotz. 1862. — Otte, kirchl. Knnstarch. I, 288, 
II, 661, 665. — Mitth. der Central-Comm. 1869, 
S. 101. 
Wenn nun dieser M. Niclas 1467 für den Kaiser 
einen Grabstein machen soll, so liegt die Frage nahe: 
welchen? Den für die Kaiserin? Den für den Kaiser 
selber? Aber letzterer gehört der ganzen Conception 
nach mit der Tumba zusammen, und die Tnmbabilder 
können gar nicht vor 1468, richtiger 1469, auch 
in der Zeichnung (Visur) nicht, auch nur begonnen 
worden sein. 
Da ich andere Werke des M. Niclas in Wr.-Nen- 
stadt und Wien nicht kenne (denn den Grabstein der 
Kinder des Herzogs Ernst hat sicher ein dem M. Niclas 
ganz und gar nicht ebenbürtiger Meister gemacht), so 
bleibt mir nichts Anderes übrig, als anznnehmen, daß 
seit 1467, oder noch früher, M. Niclas am Grab 
steine der Kaiserin Leonora gearbeitet habe. Ich sage 
früher, denn es ist unfraglich, daß der Leonorenstein 
im Neukloster hohe Porträtähnlichkcit besitzen muß. 
Der Meister muß die Kaiserin vor ihrem Tode ge 
sehen haben, hat aber auch höchstwahrscheinlich noch 
vor ihrem Tode den Auftrag erhalten, ihren Grab 
stein zu machen. Sie mochte ja selbst, seit jener unglück 
lichen Rückkehr von Heiligenkrenz nach Baden, sich mit 
Todesgedanken getragen haben. °) 
Thatsächlich wurde im Jahre 1468 an einem Grab 
steine ans Rechnung des Kaisers gearbeitet (4X8. Xs^. 
112 0, 20. März. Graz). Es kommen 12 Talente 
auszuzahlen für Arbeit eines Grabsteines und noch 
einmal unter dem 9. Oet. (Graz). (C h m e l, Regest 
Nr. 5495) 97 Pfd. Pfg. Wer aber die Arbeit ge 
liefert habe, ist nicht angedcntet. Auffallend ist, daß 
gerade der Mauthner von Rottenmann die Auszahlung 
zu leisten hat. 
Erst im Jahre 1469 treffe ich den Namen urkund 
lich, welchen Wencker anführt, M. Niclaus, Bild- 
hawer von Straßburg, und der kann kein anderer sein, 
als jener, welcher seit Duellius als M. Niclas Lerch 
bekannt ist. Das Manuseript Nr. 417 des k. k. geh. 
Hof- u. Staatsarchivs zu Wien hat toi. 88b unter dem 
2. Juni 1469 ein Regest 0, enthaltend den Auftrag 
des Kaisers an den Bischof Ulrich von Passan, dein 
M. Niclaus, Pildhawer von Straßbnrg, 
0 Siehe Birk, feierliche Sitzung der Wiener Akademie 
1858, S. 186. 
-) Vgl. Chmel, Regest Nr. 5874. Register der Ge 
schüftsbriefe von 1466 im kaiserl. Staatsarchive toi. 62 nnd 
toi. 80. 
°) Damals war der Kaiser in Wr.-Neustadt (Chmel, 
Regesten Friedrich IV. (III ). 
vom Kanzleigelde auszuzahlen 200 fl. für die Arbeit, 
welche dieser für den Kaiser gethan habe und noch 
hiefür thun soll (vgl. Chmel, Reg. Nr. 5581). 
Wie kann er bezahlt werden für eine Arbeit, die er 
noch hinfür thun soll? Ich glaube, daß eben die unter 
der Hand des Künstlers befindliche Arbeit nicht fertig 
war, nnd daß er noch nicht definitiv dafür bezahlt 
Wird. (Das Regest ist abgedrnckt unter der Nr. 123 
im Jahrb. d. knnsthist. Sammlungen (4X8.) des Aller 
höchsten Kaiserhauses, I. Bd. Urkunden) 
Aber was macht M. Niclas in Passan oder im 
Gebiete dieser Stadt? Ist er ans dem Heimwege nach 
Straßburg? Wie geht das damit zusammen, daß er 
noch unvollendete Arbeit hat, für die er Abschlags 
zahlung erhält? Oder ist er erst ans dem Wege nach 
Oesterreich? Oder aber hat er den großen Leonoren- 
stein, der jetzt 2 75 Meter hoch nnd 1 46 Meter 
breit ist, in Salzburg oder Passan im Rohen gearbeitet, 
bringt ihn ans dem bequemeren und sicheren Wasser 
wege nach Wien nnd von da nach Neustadt, wo er 
erst fertiggcstellt wird? Letzteres erscheint mir als 
das Wahrscheinlichste. 
Wahrscheinlich war bald darauf der Leonorenstein ab 
geliefert nnd mag dieses der Grund sein, daß M. Niclas 
in den Rechnungen nicht vorkommt. Vielleicht hatte er 
mit der Visur des Kaiser-Denkmales zu thun, vielleicht 
weilte er gar nicht in Wr.-Neustadt, sondern arbeitete 
anderswo für den Kaiser. Erst 1479 treffe ich wieder 
eine Notiz, welche ganz deutlich vom „Grabsteine des 
Kaisers" spricht. 
Die Wiener Kammeramtsrechnnng vom Jahre 1479, 
toi. 54b (zum 8. August): Dominion : Loos Dsn^ 
nckillllnt: cka.3 bolo^vsrolc ab ckon prnolrbn oxsrnnmsn 
als man vnssr allsvAN. Xsrrn ckss Lim. Xam. sto. 
Arabstsin in ckis Xsustrckt Askart bat (vgl. Schlager 
Skizzen, Neue Folge. III, S. 214). Das kann nicht der 
Leonorenstein, das muß der Grabstein des Kaisers 
sein, denn an dem einfachen Wort des Stadtkämmerers 
mag ich nicht herumdenteln. Es kann auch nicht das 
Rohmateriale für die Tnmba oder andere Werkstücke 
bedeuten, denn diese Stücke sind nicht so riesig, konnten 
leicht auf verschiedene Wägen verladen werden, so daß 
eine Herstellung der Brücken im Weichbilde der Stadt 
Wien nicht durch sie, wohl aber durch ein nntheilbares 
Stück von 8000 Kgr , was der Deckel des Kaiscrgrabes 
wiegt, nothwendig erscheint. Hier liegt also sicher der 
Transport zu Wasser nach Wien nnd von da zu 
Wagen nach Neustadt, auf der Hanptstraße, 
deutlich erkennbar vor. Zudem läßt schon 1478 der 
Kaiser einem Steinmetz Max Valmet „vnserm 
Steinmetz" zu Nothdnrften nnsers Grabstein 80 Pfd. 
Pfennige auszahlen (4X8. Reg. Nr. 155). Leider er- 
fahren wir nicht wo? Aber so viel dürfen wir sagen, 
daß das Wort Grabstein sicher nicht das Grabmal be 
deuten kann, da dies dort, wo unzweifelhaft von ihm 
die Rede, niemals Grabstein, sondern immer 
„Grab" heißt. 
Auch in Wr.-Nenstadt waren Vorkehrungen getroffen. 
Schon 1478 (4X8. Reg. Nr. 147) ließ der Kaiser 
gegossene Säulen „für seinen Sarg" Herstellen und 
sorgte für wehrhafte Zapfen. Auch von einer Visur ist 
die Rede, die ich auf die neue Gestalt des Monumentes
	        
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