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beziehe. Boehcim deutet dieses Regest auf die vier
Bronzesäulen, auf welchen der R'liguicnschrcin ruhte,
der zum Monument gehörte. Kann sein, aber auch
nicht. Der Religuienschrein, welchen Graf Kiusky 1780
aus der St. Gcorgskirche entfernte, und der nun in
der Ncuklosterkirche hinter den, Hochaltar hoch oben
auf den zwei Seitenwänden (in zwei Hälften zcrtheilt)
hängt, bedurfte sicher nicht 4 bronzener Säulen, dazu
ist er zu schmal. Er kann auch gar nicht, wie er jetzt
aussieht (trotz den unorganisch angefügten Fialen), aus
Friedrichs Zeit stammen, sondern muß bedeutende Ver
änderungen erlitten haben.
Nicht auf ihn, sondern, wie das Regest einfach und
klar sagt, auf des Kaisers Sarg beziehe ich
die Säulen, deren Zahl gar nicht angegeben ist; es
können ja auch 6, 8, 10 Säulen unter dem einfachen
Plural verstanden werden, cs heißt nicht 4 Säulen.
Und die Visur beziehe ich ebenfalls auf den Sarg.
Ich denke mir die Sache so: da nun schon der Monu-
mentsdeckel fast fertig war, ließ der Kaiser, der zur
Einsicht gelangt war, daß das große Monument denn
doch für das Gewölbe zu schwer sein könnte, sich eine
neue Visur für das Monument vorlege», wie es
aussah, ohne die Tumba, wie es aussah in einer
Form, welche für die Kapelle paßte. Es war wohl
eine Art Ummaueruug gedacht, die den Sargraum
bildete; ihr Verschluß war der Monumentaldeckel, der
zudem auf kurzen Säulen zu ruhen schien, so daß die
neue Tumba an den Ecken und an den Seiten mit
Säulen (etwa 10 im Ganzen) geziert war.
1479 war das neue Werk fertig, etwa mitten in
der Kirche im Mittelschiffe aufgestellt und merkwürdig
wird ja die Zahl 1479 in der Kirche zweimal in
den Glasscheiben gemalt gefunden. Auch Boehei m
ist ähnlicher Ansicht, nur glaubt er schon das
Jahr 1478 als jenen Zeitpunkt zu erkennen, da be
deutende Bestandthcile eines Grabmales in der St. Georgs-
kirche ausgestellt waren; ich vergleiche die obige Kam-
meramtsrechnuiig und finde direct das Jahr 1479 als
Zeitpunkt der Ablieferung des fertigen Steines
(der also nicht in Neustadt gemacht worden ist) und
sage direct: der Deckel, denn mir erscheint die Notiz
des schlichten Wiener Bürgers als zwingend für diese
Annahme. Die Fenster mögen kurz vor Aufstellung des
Monumentes eingesetzt worden sein.
Von der Tumba erfahre ich kein Wort. Immer nur
ist von dem Deckel die Rede und auch der ist wahr
scheinlich nicht in Wiener-Neustadt gearbeitet worden.
Ncbrigens war M. Niclas Lerch sicher lange Zeit in
Neustadt, denn er hat dort die ewige Ruhe gefunden.
— War einmal die neue Aufstellung des Tumbadeckcls
erfolgt, dann versteht es sich von selber, daß an der
Tumba nicht weiter gearbeitet wurde. Was schon fertig
und bezahlt war, blieb eben reservirt, vielleicht, daß
einmal ein Nachfolger des Kaisers Friedrich die Aus
führung des Mounmcnts als eine Art Vermächtniß
übernahm.
Daß wirklich der Deckel übergebe» war, siebt man
aus dem Grabstein des M. Nielas, dessen Abschrift
Duelli"^ gebracht hat auch'ne"-., N,,:e dm Druck
fehler des Duellius^) Dr. K. Lind in den Mitth-
des Alt.-Vcr. III, S. 330 abdrnckt. Uns interessirt
hier der Satz: Niclas Lerch, der Chayser Friedrichs
Grabstein gehauen hat und c r h c l t. Dieser Satz
zeigt nämlich an, daß M. Nielas wirklich den Grab
stein (und hier ist dieses Wort im eigentlichen Sinne
zu nehmen) abgeliefcrt hat; denn so lange der Stein
im Atelier des Künstlers liegt, kann man so nicht
sprechen. Wäre aber das ganze Momumcnt abgeliefert
worden, so ist gar nicht einzusehen, warum man zur
Aufstellung desselben vom Jahre 1495 bis 1513
brauchte und warum der König und spätere Kaiser Max
eine jährliche bedeutende Summe für die Beendigung
des Denkmales auszahlte. Nein, es können eigentlich
doch nur geringe Bestandtheile der Tumba und der
Balustrade zu Friedrichs Zeit fertig gewesen sein. Die
Visirung war da, sie blieb für immer maßgebend, aber
die Arbeit ruhte seit 1479, mindestens seit 1487.
Was M. Niclas von 1479 bis zu seinem Tode
in Wr.-Neustadt gearbeitet habe, ist heutzutage nicht zu
sagen. Kein Monument, kein Document von Wr.-Neu-
stadt spricht deutlich von ihm.
Da kam 1493, noch vor Anfang Juli, bei Leb
zeiten des hoffnungslos verlorenen Kaisers, der Befehl
des röm. Königs Max, den Grabstein nach Wien zu
führen. Der Kaiser war in Linz, ganz unnahbar. Er
litt am „kalten Brand" des rechten Fußes, der ihm
Anfangs Juli 1493 abgenommen wurde. Gerade in
diesen Tagen kam der obige Befehl des Königs Max
nach Wien an die Stadtbchörden. Ich kann den Ge
danken des röm. Königs nicht nachgehen, sondern con-
statire nur, daß schon am 6. Juli mußten die Vor
kehrungen zum Abholen des kaiserlichen Grabsteines
getroffen worden sein und daß erst am 19. August der
Kaiser Friedrich in Linz starb. — Schon am 7. Juli
(Sonntag nach St. Margaretha) waren 4 Fuhrpserde
des Wiener Bürgers Hans Düring (welcher schon
1484 Brückenmeister der Stadt war) auf Kosten der
Stadt nach Neustadt geschickt worden, um den Grabstein
zu holen. Diese 4 Rosse blieben in Verwendung bis
16. Juli (mit 3 Tagen Rastzeit dazwischen") —Am
9. Juli (Dienstag) wurden von der Stadt Wien die
Zimmerleute M. Merten und Jorgen nach Neustadt
gesendet, den Grabstein zu begleiten. Sie sind am
17. Juli zurück. (Wiener Kammeramtsrcchnung 1493.
tal. 32b.)
Am ebendemselben Tage, 10. Juli, begann man die
Wege, wo der Stein passiren mußte, für die schwere
Last herzurichtcn ").
vissertatio äs jnnünti'ons 1>i»>Ni (cktbelr. Nustriseo-
Xsnxolit. XorimbergLv 1733, pax. 82. — ^nvo vom.
A . 066VXXII1. XX am Tag for St. Janat Hinr. starb d6r
knnstreich Meister Niclas Lerch, der Chayser Fridreich Grab
stein gehauen hat und erholt, Werichmeister detz grossen bans
zu Strasburg und daselbs Purger. Lies: N.0600.VXX.IIIXX.
Die Wiener Kammeramtsrechnung 14v3 hat ans
kol. 27b: In der Wochen Sannd Margrethn tag vmb des
Kais. Maj. Grabstain in die Newcnnstat Sontag Montag
Eritag Mittichcn Phincztag. Auch Sontag Montag Eritag
darnach yeden tag iist Ros. Darin ist ain tag abgeslagen
für sein (des Düring) Rabat.
") Mittichcn (vor S. Margrethn tag 10. Juli) gefierttc
bolez zum vnnderprnckhn Keruuertor vnd ncwen kynren von
.njers Herrn grabstni.t n>egen. —"Pstiirztog (11- Juli) ätzce