Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 22 und 23 (2. Serie) 1893 (13.1893,22-23 (2. Serie))

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beziehe. Boehcim deutet dieses Regest auf die vier 
Bronzesäulen, auf welchen der R'liguicnschrcin ruhte, 
der zum Monument gehörte. Kann sein, aber auch 
nicht. Der Religuienschrein, welchen Graf Kiusky 1780 
aus der St. Gcorgskirche entfernte, und der nun in 
der Ncuklosterkirche hinter den, Hochaltar hoch oben 
auf den zwei Seitenwänden (in zwei Hälften zcrtheilt) 
hängt, bedurfte sicher nicht 4 bronzener Säulen, dazu 
ist er zu schmal. Er kann auch gar nicht, wie er jetzt 
aussieht (trotz den unorganisch angefügten Fialen), aus 
Friedrichs Zeit stammen, sondern muß bedeutende Ver 
änderungen erlitten haben. 
Nicht auf ihn, sondern, wie das Regest einfach und 
klar sagt, auf des Kaisers Sarg beziehe ich 
die Säulen, deren Zahl gar nicht angegeben ist; es 
können ja auch 6, 8, 10 Säulen unter dem einfachen 
Plural verstanden werden, cs heißt nicht 4 Säulen. 
Und die Visur beziehe ich ebenfalls auf den Sarg. 
Ich denke mir die Sache so: da nun schon der Monu- 
mentsdeckel fast fertig war, ließ der Kaiser, der zur 
Einsicht gelangt war, daß das große Monument denn 
doch für das Gewölbe zu schwer sein könnte, sich eine 
neue Visur für das Monument vorlege», wie es 
aussah, ohne die Tumba, wie es aussah in einer 
Form, welche für die Kapelle paßte. Es war wohl 
eine Art Ummaueruug gedacht, die den Sargraum 
bildete; ihr Verschluß war der Monumentaldeckel, der 
zudem auf kurzen Säulen zu ruhen schien, so daß die 
neue Tumba an den Ecken und an den Seiten mit 
Säulen (etwa 10 im Ganzen) geziert war. 
1479 war das neue Werk fertig, etwa mitten in 
der Kirche im Mittelschiffe aufgestellt und merkwürdig 
wird ja die Zahl 1479 in der Kirche zweimal in 
den Glasscheiben gemalt gefunden. Auch Boehei m 
ist ähnlicher Ansicht, nur glaubt er schon das 
Jahr 1478 als jenen Zeitpunkt zu erkennen, da be 
deutende Bestandthcile eines Grabmales in der St. Georgs- 
kirche ausgestellt waren; ich vergleiche die obige Kam- 
meramtsrechnuiig und finde direct das Jahr 1479 als 
Zeitpunkt der Ablieferung des fertigen Steines 
(der also nicht in Neustadt gemacht worden ist) und 
sage direct: der Deckel, denn mir erscheint die Notiz 
des schlichten Wiener Bürgers als zwingend für diese 
Annahme. Die Fenster mögen kurz vor Aufstellung des 
Monumentes eingesetzt worden sein. 
Von der Tumba erfahre ich kein Wort. Immer nur 
ist von dem Deckel die Rede und auch der ist wahr 
scheinlich nicht in Wiener-Neustadt gearbeitet worden. 
Ncbrigens war M. Niclas Lerch sicher lange Zeit in 
Neustadt, denn er hat dort die ewige Ruhe gefunden. 
— War einmal die neue Aufstellung des Tumbadeckcls 
erfolgt, dann versteht es sich von selber, daß an der 
Tumba nicht weiter gearbeitet wurde. Was schon fertig 
und bezahlt war, blieb eben reservirt, vielleicht, daß 
einmal ein Nachfolger des Kaisers Friedrich die Aus 
führung des Mounmcnts als eine Art Vermächtniß 
übernahm. 
Daß wirklich der Deckel übergebe» war, siebt man 
aus dem Grabstein des M. Nielas, dessen Abschrift 
Duelli"^ gebracht hat auch'ne"-., N,,:e dm Druck 
fehler des Duellius^) Dr. K. Lind in den Mitth- 
des Alt.-Vcr. III, S. 330 abdrnckt. Uns interessirt 
hier der Satz: Niclas Lerch, der Chayser Friedrichs 
Grabstein gehauen hat und c r h c l t. Dieser Satz 
zeigt nämlich an, daß M. Nielas wirklich den Grab 
stein (und hier ist dieses Wort im eigentlichen Sinne 
zu nehmen) abgeliefcrt hat; denn so lange der Stein 
im Atelier des Künstlers liegt, kann man so nicht 
sprechen. Wäre aber das ganze Momumcnt abgeliefert 
worden, so ist gar nicht einzusehen, warum man zur 
Aufstellung desselben vom Jahre 1495 bis 1513 
brauchte und warum der König und spätere Kaiser Max 
eine jährliche bedeutende Summe für die Beendigung 
des Denkmales auszahlte. Nein, es können eigentlich 
doch nur geringe Bestandtheile der Tumba und der 
Balustrade zu Friedrichs Zeit fertig gewesen sein. Die 
Visirung war da, sie blieb für immer maßgebend, aber 
die Arbeit ruhte seit 1479, mindestens seit 1487. 
Was M. Niclas von 1479 bis zu seinem Tode 
in Wr.-Neustadt gearbeitet habe, ist heutzutage nicht zu 
sagen. Kein Monument, kein Document von Wr.-Neu- 
stadt spricht deutlich von ihm. 
Da kam 1493, noch vor Anfang Juli, bei Leb 
zeiten des hoffnungslos verlorenen Kaisers, der Befehl 
des röm. Königs Max, den Grabstein nach Wien zu 
führen. Der Kaiser war in Linz, ganz unnahbar. Er 
litt am „kalten Brand" des rechten Fußes, der ihm 
Anfangs Juli 1493 abgenommen wurde. Gerade in 
diesen Tagen kam der obige Befehl des Königs Max 
nach Wien an die Stadtbchörden. Ich kann den Ge 
danken des röm. Königs nicht nachgehen, sondern con- 
statire nur, daß schon am 6. Juli mußten die Vor 
kehrungen zum Abholen des kaiserlichen Grabsteines 
getroffen worden sein und daß erst am 19. August der 
Kaiser Friedrich in Linz starb. — Schon am 7. Juli 
(Sonntag nach St. Margaretha) waren 4 Fuhrpserde 
des Wiener Bürgers Hans Düring (welcher schon 
1484 Brückenmeister der Stadt war) auf Kosten der 
Stadt nach Neustadt geschickt worden, um den Grabstein 
zu holen. Diese 4 Rosse blieben in Verwendung bis 
16. Juli (mit 3 Tagen Rastzeit dazwischen") —Am 
9. Juli (Dienstag) wurden von der Stadt Wien die 
Zimmerleute M. Merten und Jorgen nach Neustadt 
gesendet, den Grabstein zu begleiten. Sie sind am 
17. Juli zurück. (Wiener Kammeramtsrcchnung 1493. 
tal. 32b.) 
Am ebendemselben Tage, 10. Juli, begann man die 
Wege, wo der Stein passiren mußte, für die schwere 
Last herzurichtcn "). 
vissertatio äs jnnünti'ons 1>i»>Ni (cktbelr. Nustriseo- 
Xsnxolit. XorimbergLv 1733, pax. 82. — ^nvo vom. 
A . 066VXXII1. XX am Tag for St. Janat Hinr. starb d6r 
knnstreich Meister Niclas Lerch, der Chayser Fridreich Grab 
stein gehauen hat und erholt, Werichmeister detz grossen bans 
zu Strasburg und daselbs Purger. Lies: N.0600.VXX.IIIXX. 
Die Wiener Kammeramtsrechnung 14v3 hat ans 
kol. 27b: In der Wochen Sannd Margrethn tag vmb des 
Kais. Maj. Grabstain in die Newcnnstat Sontag Montag 
Eritag Mittichcn Phincztag. Auch Sontag Montag Eritag 
darnach yeden tag iist Ros. Darin ist ain tag abgeslagen 
für sein (des Düring) Rabat. 
") Mittichcn (vor S. Margrethn tag 10. Juli) gefierttc 
bolez zum vnnderprnckhn Keruuertor vnd ncwen kynren von 
.njers Herrn grabstni.t n>egen. —"Pstiirztog (11- Juli) ätzce
	        
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