Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 22 und 23 (2. Serie) 1893 (13.1893,22-23 (2. Serie))

In Neustadt aver vegann dar- Aboieu^n 
mentes und Ausladen des Steines sicher erst nach An 
kunft der beiden Wiener Zimmerlente. — Am Sonntag 
nach S. Margarethen (14. Juli) wurden wieder fünf 
Pferde von Wien abgesandt, welche den 4 ersten Snccurs 
brachten^). 
Man sicht aus den Kammeramtsrechmmgen, daß 
nur die „Decke" auf das Grab, also der Deckel (mit 
dem Wappenfries) nach Wien gebracht wurde und ich 
schließe daraus, daß die alte auf Cufpinian'^) 
fußende Ansicht, es sei 1403 nur der Deckel fertig 
gewesen, sich auf gewichtige Gründe basirt"). 
Wo aber wurde iu Wien der Grabstein des Kaisers 
deponirt? Sicher nur in einer Kirche. Ich schließe 
dies daraus, weil, wenn der Stein in die Steinmetz 
hütte wäre gebracht worden, man sicher das mangel 
hafte Datum N0660 durch das genaue Datum des 
Todesjahres und -Tages ergänzt hätte, denn die vierte 
Seite des Deckels hat genug Raum dafür. Wahrschein 
lich haben die Bürger direct den Stein nach St. Stephan 
gebracht und hier dachte Niemand daran, daß die In 
schrift unvollständig sei. Und als endlich das Monument 
fertig dastand, wurde die Platte von ihrem provisori 
schen Orte weggehoben und auf das Mausoleum gelegt; 
man hatte vergessen, das Datum einzusetzen, und es 
bleibt auch heute dabei. Uebrigens fehlt die genaue 
Datirung auch am Grabsteine des Ritters Steger in 
unserem Dome und kommt das auch anderwärts vor. 
(Siehe Oesterr. Bl. für Literatur und Kunst 1844, 
S. 271.) 
Wurde aber der Sargdeckel in eine Kirche gebracht, 
dann ist an keine andere zu denken, als an den Dom. 
Und wieder ist es undenkbar, daß der schwere Stein 
halben tag holcz zum vnnderpruckhn daselbst vnd halben tag 
Schnt ab dein grabn, in die Kernnerstraß, die Sleg Im vart- 
weg ausszuschultn, ßedn Tag üs Ros. 
") Kammeramtsrechnnng 1493, toi. 27b. Am Phincztag 
nach Margrethn (18. Juli. Zu ergänzen ist wohl: „erhielt 
fein Geld") Colman Lempeckh, das er mit feinen Rossen 
Sontag Montag Eritag an dem grabstain vnsers Herren Kaisers 
gefurt bat, yedn tag iiis Ros. 
Ebenda toi 32b. Sonntag nach Sannd Margrethntag: 
Soniag Montag Eritag gehabt ein Ros bey meines (d. h. 
des Blasius Engelhartstetner) Gespanns rossen die Degk vnnsers 
bern Kaisers ober das grab herüber zu bringen. Slag ich ab 
für die Rabat (Bgl. Schlager, Skizze», Ait. t) S, lil.) 
Was unter Grabstein zu verstehen sei, ist hier vollständig 
deutlich: der Deckel. 
") ös Oaesaribns, 1561, pag. 514. 
") Der Dombanleiter, Herr Architekt H c r m a n n, hat 
die Güte gehabt, mir das muthmaßliche Gewicht des gesammten 
Monumentes zu berechnen: 
Stufe um das Monument. . . 
. 23 Stück 
Balustrade 
32 
Sockel der Tunika 
- u, „ 
Tumbawände mit den Reliefs 
- 16 „ 
Baldachinreihe über den Reliefs . 
- 6 „ 
Deckplatte mit den Wappen . . 
- 1 „ 
90 Stück 
Muthmaßliches Gewicht: 
Deckplatte . . 8000 Kgr. 
Das klebrige . . 36.000 „ 
"44.000 Kgr. 
4 Fuhre cirea 2000 Kgr. — 22 Fuhren zu 2 Pferden. 
Es muß bemerkt werden, daß, selbst wenn das ganze 
Monumenr in Neustadt war, die Stufe kaum übertragen 
werden mußte, well sicher Material vastir in Wen vor 
fites'senkrecht . eine Wand gestellt 
oder schief gelehnt worden sei (wie ehemals das Leo 
norendenkmal in der Neuklostcrkirche zu Neustadt). Den 
das Wappeufries hätte sicher darunter gelitten. 1 
bleibt nichts Anderes übrig, als anzunehmcn, daß er 
auf einer scheinbaren, nicht hohen Tumba ruhte, die 
eben nur keinen Hohlraum barg, wie die in d>w 
St. Georgskapclle, eben weil des Kaisers Leichnam am 
28. August 1493 hinuntergetragen wurde in die Her 
zogsgrnft des Domes und daselbst blieb, bis das große 
heutige Mausoleum mit seinem Hohlraum für den Kaiser 
sarg fertig war. 
Daß die Exequien für den Kaiser erst am 6. De- 
cember gefeiert wurden, finde ich unter Anderein auch 
darin begründet, daß man für einen würdigen Aufbau 
des provisorischen Kenotaphes sorgte, auf welches sub 
die Trauerfeierlichkeit bezog. Daß überdies ein mär > 
tiges Traucrgerüst im Mittelschiffe vor dem Hochali 
stand, versteht sich von selbst. 
Nun löst sich eine Schwierigkeit von selbst, welche 
sich bei Benützung der älteren Beschreibungen des 
Friedrichs-Monumentes ergiebt. Es heißt: Unter Kaiser 
Karl VI. (1732) sei das Grabdenkmal von einem 
Orte näher dem Hochaltar ans den jetzigen Platz ge. 
rückt worden. 
Nur der Namen und die Jahreszahl ist falsch; er 
hätte richtig heißen sollen: die Grabplatte mit einer 
provisorischen Tumba sei ehemals näher dem Hochaltar 
gestanden, aber nicht Karl VI., sondern schon Maxi 
milian I. hat das Monument auf dem heutigen Platze 
ausgestellt. Das fertige Monument kann niemals 
anderswo gestanden haben, und es kann gar nicht i.: 
der Zeit Karl VI. vom ursprünglichen Orte weggerückt 
worden sei. 
(Fortsetzung folgt.) 
oti z. 
Die Dombauteitung hat sich nnt Schreiben vom 30. Ne 
vembcr v. I. an die k. k. Central-Comm. für Kunst und 
hist. Denkmale mit der Bitte gewendet, bei der grast. Festetics - 
scheu Fidcicommiß-Bibliotheks-Verwaltung zu Keszthely zu 
iutervenireu, damit diese unter ganz klar angegebenen Canulen 
den oder die auf die Grabmonumente von St. Stephan sich 
beziehenden Bände des Gartens ch m i e d'schen Werkes auf 
die Dauer von 3 Monaten der Dombauteitung leihe. Letzterer 
wären Fingerzeige für die Ergänzung der hie und t: 
völlig fehlenden Bekrönungen und Umrahmungen von Grr. 
steinen an den Domkircheumanern sehr erwünscht. Die sich 
k. k. Central-Comm. hat in dankenswerthester Weise ihr Ar. 
suchen bei der Festetics'scheu Bibliothek eingelegt, allein ohne 
Erfolg, und zwar waren als Gründe von Seite der Biblio- 
theks Leitung angegeben: 
1. daß das Gartcnschmicd'schc Werk schon einmal, 1883, 
der Central-Comm. mehrere Monate nach Wien entlehnt 
worden; 
2. daß dasselbe durch das Hin- und Herschicken leide.« 
Diese Nachricht war recht betrübend, sie dient aber zum 
Verständnis; dessen, wie die Dombanleitnng nunmehr bei der 
Restauration der Grabdenkmale vorzugehen gezwungen ist. 
vermn'iN'sal'en vom Wiener Domliauvereiiie. 
»d-i.-vur- Plot. Dr. Wilde»» «. Ncumaun. 
-e« Uere-'ueS: Gtadt. kö rsterzd isck» Ksls^e'l Pal-r'-fi 
Druck -er k- Wiener Zeilunn.
	        
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