Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 26 und 27 (2. Serie) 1893 (13.1893,26-27 (2. Serie))

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der Gottsleichnamsaltar und der Lettner-) weggeschafft 
wurden, sich schon im XVI. Jahrhunderte auch auf 
den Hochaltar erstreckten, so daß er durch einen neuen 
ersetzt wurde, weiß ich nicht. Denkbar immerhin Ware 
es ja, daß man eine neue Darstellung in das Retabel 
gemacht hätte, da der alte Namen St. Stephan unge 
fähr seit 1463 aufznlcbcn begann. Vollständig Recht 
wird das Test arello'sche Manuskript kaum haben, 
wenn es (siehe Dombauvereinsblatt II. Ser., S. 1) sagt, 
daß seit Friedrich III. und König Mathias von Ungarn 
die Kirche unverändert geblieben sei, bis 1639 Bischof 
Graf Brenner zunächst bei dem vom alten Lettner 
herstammenden St. Marcusaltar begann, den er 
sammt dem Taufstein wegnehmen und anderswohin 
stellen ließ. (Vgl. die Note.) Jetzt begann eine neue 
Periode der Thätigkeit im Dome: dessen Umgestaltung 
im Sinne des aus Italien heraufgewanderten Styles. 
Schon 1640 begann die Herstellung eines neuen Hoch 
altars, zu welchem ein sehr kostbares Tabernakel (denn 
das Concil von Trient hatte sich gegen die alten 
Sacramentshäuschen erklärt) in Palermo bestellt wurde. 
Dasselbe wurde gleichzeitig mit dem Altarausbau fer 
tig, 1647. Ich habe hier nichts Neues mehr zu 
erzählen. Denn was ich auch bringen mag, ist allbe 
kannt : daß das Altarwerk von Bildhauer Jacob Pock 
(Bock), das Altarblatt von dessen Bruder Tobias 
Pock verfertigt worden sei, daß der Zinngießer Johann 
Georg Diebald die Zinnplatten gegossen habe, auf 
welchen Tobias malte u. s. w. u. s. w. Auch kennt 
schon Tschischka, Kunst und Alterthum, die Heimat der 
beiden Künstler (Constanz), so wie die Bilder des 
Tobias in der Schottenkirche (vgl. Hau sw irth, Abriß 
einer Geschichte der Benedictinerabtei Schotten S. 100), in 
der St. Michaels-, St. Augustins-, der Dominikaner-, 
Deutschordens-, Johanniterordenskirche in Wien; die 
Kreuzigung Christi von demselben in der Kirche zu 
Göttweig 1675 ; Mariä Himmelfahrt in der ehemaligen 
Chorherrenkirche zu St. Pölten; dieselbe Darstellung 
in Admont. — E n g e r t h, im beschreibenden Ver 
zeichniß der Gemälde in den Sammlungen des Aller 
höchsten Kaiserhauses, Bd. III, S. 182, sagt, daß das 
Göttwcigcr Bild 1675 das jüngste datirte Bild des 
Künstlers gewesen sei. 1683 waren die Erben des 
Tobias Pock (Bock) angeschrieben auf dem Hause 983 
der älteren Numerirung — 957 der jüngeren: Ecke 
der Himmelpfortgasse, jetzt Nr. 23. — Wie diese 
Brüder Pock (Bock) mit jener Basler Künstlersamilie des 
selben Namens zusammenhüngen, welche Dr. Berthold 
H ändck e, die Schweizerische Malerei im XVI. Jahr 
hundert, Aarau 1893 (bei Sanerländer), mehrfach 
2 ) Ich muß meine in diesem Blatte (Ser. 1, S. 46) 
vorgetragene Ansicht, daß schon ca. 1488 die Entfernung 
des Lettners geschehen sei, modificiren, denn ich habe damals 
das Heg. Cam. 482 vom Jahre 1507 übersehen, laut welchem 
der Caplan Wolsgaug Platzer sein Stipendium (Marienaltar ans 
dem Lettner) an Johann Witter abgab. Dazu ist zu vergleichen 
Rvx. 537, nach welchem derselbe Platzer sein Benesicium (a u f 
demLettner, ooll. Rex. 482 vom Jahre 1477) im Jahre 
1403 ansbessert. Erst 1532 erscheint dieses h a l b e Be 
il c f i c i u m auf dem Allerseclenaltar, welcher sicher (nach 
dem Gedenkbuche der GottSleichnamsbrnderschast) mirten 
in der Kirche stand, 1500. Also nach den Angaben 
der Geschichtsschreiber von St. Stephan muß er mit dem 
St. Marensaltar identisch sein. 
erwähnt, könnten nur archivalische Studien in Constanz 
und Basel erhellen. Meister Hans der Aeltere, circa 
1550 zu Zabcrn im Elsaß geboren, wurde 1572 als 
Meister in der Zunft „zum Himmel" ausgenommen. 
1575 ist er Basler Bürger. 
lieber das Gnadenbild Maria von Pötsch ist Donin 
nachzulcsen, der übrigens mit Tilm ez u. s. w. dieselben 
Quellen benutzt. 
Die Inschriften ober den von Bischof Brenner errich 
teten Thüreingängen zur Sacristei und zur Schatzkammer, 
die sich gegenseitig ergänzen (1647 den Hochaltar betref 
fend), siehe lateinisch und deutsch bei Tilmez, 
Ogesser, Perger, deutsch bei Donin. 
-ven neuen Betchor der Domherren beschreibt in 
genügender Weise Ogesser S. 115, Perger 
S. 55. Die eine der Inschriften, welche hinter den 
Chorstühlen an der Wand sich befinden, und welche P e r- 
ger unter Nummer XX VIII abdruckt, setze ich nur des 
halb hieher, um den Versbau derselben (Hexameter) zum 
Ausdruck zu bringen: 
-Inno miliono trioont XO guogno ooptem ^) 
8abto 8ub tsrnn kUcksrions rmseitur borg. 
^Iberkist iiatcm Ilueis Xuskralisgus ckoannas 
krinoixis ao lsrna 8s.bti äisosssib in borg. 
Vivis ex wswbris Ickrm gnartügus Oeoewbrm 
^.nno willöno 6 ker OX gns ssormcko. 
Es sind die Worte Labt» und 8gbki nicht aufzn- 
lösen in 8abbato und 8abbati, sondern zu lesen, wie 
sie geschrieben sind; ebenso lies ohne Auflösung: -4nno 
Nlillonootor 86Xg.K6N0gN8 868Nllcko. 
Die Verse, die dem Philologen einen wahren 
Schauder erregen können, verdienen wegen der eigen- 
thümlichen Lescweise hier angeführt zu werden. 
Sie beziehen sich ans einen Bruder des Herzogs 
Rudolph IV., mit Namen Friedrich, geb. 1347, gest. 
am 10. December 1362 (das war ein Samstag, wie 
die Inschrift sagt). Darnach ist die Uebersetzung in 
unserer Zeitschrift Ser. II, S. 6 zu ändern. 
Ans der Evangelienseite dieses Betchors befand sich 
ober den Stallen das erzbischöfliche Oratorium, welches 
OgesserS. 117, „das neue" nennt, das aber in den 
Restaurationen des XIX. Jahrhunderts verschwun 
den ist. 
Der Raun, des Hochaltars ist durch ein Marmor 
gitter abgeschlossen, welche nach derselben Quelle <st 
1650 errichtet worden ist. An diesem Gitter steht 
dem nördlichen ersten Pfeiler angebant der St. Nepo- 
mnkaltar, ehemals Krcnzaltar genannt, so z. B. bei 
Testarello S. 14, Ogesser S. 119, gegründet von 
Herrn Hans Wolfgang Strigl; 1723 aber haben Jakob 
st Lies wie es steht: äunv/wilts/ao 1rtoei»t./gna.cki'!rFe/ao 
gaogns/septei». 
st Perger hat den Druckfehler: Ulbert.»!,, 
st Siehe Testarello tu unserem Blatte Ser. 11, S. R 
Aus 1782 liegt im Cousistorialarchiv ein Plan vor, das 
Presbyterium durch Versetzung der Steiubalnstrade zu er 
weitern, doch geht das Consistvrium darauf nicht ein. Vow 
2. Juli 1806 datirt eine Allerhöchste Entschließung des 
Kaisers (entsprechend einer Vorlage des Erzbischofs) die Abäu 
derung und Vergrößerung des Presbyteriums betreffend ; die 
Kosten von 2187 fl. 20 kr. sollen aus dem Ueberschusse der 
Kirchenciulnufte gedeckt werden. Stadtbanmeister Joseph 
Raymnud; bürgerlicher Steiubauiueister Franz Jager (Eon- 
sistorialarchiv).
	        
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