Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 26 und 27 (2. Serie) 1893 (13.1893,26-27 (2. Serie))

105 
Mayer und seine Ehegattin den neuen Nepomnkaltar 
errichtet. 
Der gegenüberstehende Altar inner dem Steingitter 
ist dem hl. Carolus Borromaeus geweiht und stammt 
ungefähr aus dem Jahre 1728, das Altarblatt ist 
siguirt Rottmayr von Roscnbrunu. Hier stand nach 
Testarello der Apostelaltar (S. 19), wonach also 
dasjenige zu corrigiren ist, was ich über die Stellung 
des Ferdinaudei'schen Apostelaltars geschrieben habe 
(S. 86, Sp. 2, Z. 22). 
II. Der G o t t s l e i ch n a ms a l t a r. 
Diese obgcuannten zwei Altäre sind neueren Datums, 
in der Zeit Rudolphs des IV. standen sie noch nicht 
da, blos der Gottsleichnamsaltar schloß den Betchor 
der Priester ab, da er wahrscheinlich zwischen den 
letzten (östlichen) Enden der Stallen sich befand. 
Die Begründung dieses Altars, wenigstens des 
Titels, reicht bis in's Jahr 1384, da der Mittelchor 
noch nicht eingeweiht war, zurück (geweiht 1340). 
Denn schon 1334 stiftet Pfarrer Heinrich, obrister 
Schreiber des Herzogs von Oesterreich und Steyermark, 
Domherr von Passau und Freising, einen Gottsleich 
namsaltar zu St. Stephan und sichert in derselben 
Urkunde den Fortbestand der Frohnleichnamsprozession 
am Dome, wie er sie bisher gehalten hatte. Er be 
stellt hiezu einen eigenen Cnplan und schenkt unter 
Anderem ein höchst werthvolles Marienbild mit Gold 
und Edelstein geschmückt, das unter vierfachem Verschluß 
sich befinden, und nur für die Procession hervorgeholt 
werden soll. Er starb 1336. — Seine Schenkungs 
urkunde siehe bei Ogesser, Nrkb. S. 38 ff., im Auszuge 
bei Perger S. 81; 1338 wurde ein „ewiges Licht" 
zu diesem Altar gestiftet (Og., Urkb. S. 46). Eine 
große Stiftung ist die des Jans des Stüren, 
des Caplans dieses Altars, vom Jahre 1339. Er 
stiftet sich eine Seelenmesse, jährlich am dritten Tage 
nach Perchtag (Epiphania), also am 9. Jänner zu 
halten. Dabei sind mit Gaben bedacht der Pfarrer, 
8 Chorherren, 4 Vicarii und dazu 24 Priester, die 
bei der Vigilie sind. Es mußten also im Priester 
betchore zum mindesten 38 Stallen sein, wenn diese 
Priester gemeinsam die Vigilien beteten. Herzog 
Rudolph IV. hat die neue Stellung des Gottsleich- 
namsaltars ganz in der Nähe des Grufteingangs im 
Sinne, wenn er ihn „den Gottsleichnamsaltar auf 
dem G r a b °) oder „Herzogeugrabsaltar" nennt. Da 
mit mag cs' zusammenhängen, daß als Lehensherr der 
Friedrich Pncharzt'schen Stiftung im Jahre 1441 
(Ii.6A. Oam. 344) der Landesherr „der römische König 
Friedrich" erscheint. Der Hofcaplan Jacob der Nürn 
berger ist „Verweser" dieser Messe. Das Haus Nr. 545 
alter Nnmeriruug gehörte zu dieser Stiftung 
(C a m esina in Mitth. des Wiener Alt. Ver. 1865, 
Band VIII, S. XOl). Dieselbe Stiftung wird 1512 
(R.6A. (Nru. 566) erwähnt, aber als zum hl. Krcuz- 
altar gehörig: ein Zeichen, daß schon 1512 der 
Heiligenkreuzaltar vorhanden war, freilich nicht an der 
heutigen Stelle. Da die regelrechte Aufstellung des 
Kreuzaltars direct in der Mitte der Ki r ch e 
«) Ogesser, Urkdnbch. S. 80, 82. 
ist, so muß dieser Heiligenkreuz- mit dem Allcrseelen- 
altar, den wir bei Erwähnung der Gottsleichnams- 
bruderschaft alch mitten in der Kirche stehend angeführt 
haben, identisch sein; cs muß aber auch weiter der 
Titel St. Marcus vom Lettner auf diesen vielnamigen 
Altar übertragen worden sein; da cs allgemein heißt, 
der St. Marcus- oder Frohnleichnamsaltar sei vor 
dem Gitter errichtet worden (das die Stelle des 
alten Lettners bezeichnet). Beide Namen, Allerseelen- 
undHeiligenkreuzaltar, kommen imLaufe des XVI. Jahr 
hunderts nebeneinander vor: ersterer z. B. in der 
schon obgenannten Messe der Dorothea Polhaym 
(tisA. Oaw. 613) 1532, in der Messestiftung des Hans 
Aman des Färbers (LsZ. Osan. 616) 1534; letzterer in 
der großen Stiftung von 1528 (UsZ. Oam. 606) des 
Christoph Kulber von Graz, der Siben freien Khunst 
und Heyligen Schrift Doctor, Custos und Domherr, der sich 
auch bei diesem Altar begraben ließ; in der Messen 
stiftung der Helena, welche zweimal verheiratet war, 
erstens an Andre Freinperger Hutterer und dann mit 
Leopold Kautzenberger. Ihre Stiftung hat nach Frein 
perger den Namen (kkA. Oaia. 619) 1530. Noch 1540 
erscheint dieser Titel in der Stiftung des Christian 
Widmer (Hex. Oam. 620). 
Die rillchkBeschrkilnmg dkrMktwpolitan- 
kirche zu St. Stephan. 
(Fortsetzung.) 
LXIV. 
Damit es nun diesem so hochschätzbaren Werke nicht 
an nothwendiger Ob- und Vorsicht fehle, werden zu 
dessen bester Verpflegung allezeit zwei Wächter ge 
halten, welche zunächst unterhalb der Uhr ihre 
Wohnung haben, bestehend aus zwei Stuben, 
Küche und Vorhaus, in dem man mit Kegeln zu 
spielen Pflegt. 
„Ihr Amt und Verrichtung" besteht darin, daß 
immer Einer von ihnen „so bey Tag, absonderlich bey 
der Nacht" von der Zeit an, da die Bier-Glocke (deren 
Beschreibung nachfolgt) aushört, bis gegen den Tag 
hin, da das Prim-Glöckel anfängt, an allen vier Ecken 
des Thurmcs zur Bezeugung seiner Wachsamkeit, bei 
sonstiger Strafe, mit lauter Stimme die Viertelstunden 
ausrnfen muß. Auch müssen sie fleißig Acht haben, ob 
an dem Thurme nicht Etwas eine Ausbesserung von 
nöthen habe. Nicht weniger obliegt ihnen, allzeit emsig 
hernmznsehen, ob nicht etwa in oder außer der Stadt 
sich eine Fcuersbrnnst erhebe, welche sie alsdann 
mittelst des am Fuße des Thurmcs gegen den Freyt- 
oder Kirchhof zu an einem Draht hängenden Glöckchens 
dem allda wohnenden T h n r m e r auzuzeigen haben, 
der wiederum den Herrn Bürgermeister und Herrn 
Ober- und Unterkämmerer verständigen muß, damit den 
cinporsteigendcn Flammen ans alle mögliche Weise 
möge Widerstand gethan werden. 
OXV. 
Nächst der eben genannten kleinen Glocke befindet 
sich ein anderer Draht, durch welchen jenes Glöckchen 
gezogen wird, mit welchem der Thürmer, wenn er
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.