Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 38 (2. Serie) 1896 (16.1896,38 (2. Serie))

Wiener 
XVI. Jahrgang. Wien, 20. December 1896. Nr. 38 (2. Serie). 
Mittheilungen aus der Dombauhütte. I 
(Siehe die in Nr. 35 veröffentlichten Mittheilungen.) 
Die Restaurationsarbciten am Aeußeren des St. 
Stcphansdomes haben im Laufe dieses Jahres ihren 
programmgemäßen Fortgang genommen. Gänzlich voll- 
endet wurden die Arbeiten an der Vorhalle des 
Singerthores, welche auch in diesem Jahre nicht 
geringe technische Schwierigkeiten verursachten. 
Durch die infolge ausreichender Pölzung ohne 
Anstand vor sich gegangene Auswechslung des ver- 
hällnißmäßig schwachen, von der Strebewand losge 
lrennten östlichen Pfeilers der Vorhalle, der überdies 
nach außen geneigt war, ist der Bauzustand derselben 
aus ein wesentlich besseres Niveau gebracht worden. 
Die zahlreichen Ncnherstellungen für auszuwech 
selnde und fehlende Partien haben dahin geführt, 
das Aeußere der Vorhalle gänzlich zu überarbeiten, 
um den störenden Eindruck zu vermeiden, den einzelne 
schwarze Steine in der großen Hellen Masse ver 
ursacht hätten. 
Der figurale Schmuck dieser Vorhalle, nämlich die 
Darstellung der Steinigung des heiligen Stephanus 
und der heilige Paulus, sowie die zunächst der Vor 
halle befindliche Leas Iiomo-Statue, welche nunmehr 
wieder auf demselben Platze steht, den sie nach einem 
Stich von Cornelius Van Dalen im Jahre 1636 
üoch eingenommen hatte, ist von dem Bildhauer 
Erl er restaurirt worden. 
An der Südseite des Langhauses sind die von dem 
Bildhauer Erler angefertigten Statuen Albrecht der 
Weise, Albrecht mit dem Zopfe, Albrecht IV. und 
Albrecht V. als Kaiser in den Figurennischcn der 
Strebepfeiler versetzt worden. 
Ferner wurde an der Südseite der Herzogencapelle 
eine getreue Copie der leider unrettbar verfallenen 
Todtenleuchte ausgestellt. Der Auftrag, die Todten- 
leuchte abzutragen und neu anznfertigen, war Veran 
lassung, nachzuforschen, ob nicht eine seit vielen Jahren 
in der Dombauhütte aufbewahrte kleine Loos llomo- 
Statue, welche seinerzeit aus dem Nachlasse des be 
rühmten Bildhauers Hans Gass er angekauft wurde, 
ZU dieser Todtenleuchte gehöre. Diese Vermüthung be 
stätigte sich, da die Figur mit ihrem Zapfenloch genau 
in die Nische paßte. Diese Figur ist so stark ver 
wittert und in zwei Theile gebrochen, daß auch davon 
eine Copie angesertigt werden mußte. 
Durch die vorgenannten Restaurationsarbeiten und 
Neuherstellungen ist die Südfront des Langhauses, 
auf welche in kürzester Zeit ein großartiger Ausblick 
von der Kärnthnerstraße und dem Graben eröffnet 
wird, genau im Sinne der ursprünglichen Form aus 
gestaltet werden. 
An der Nordseite des Domes ist mit der Restau- 
rirung der Vorhalle des Bischofthores begonnen worden. 
Diese Vorhalle ist in einem weit besseren Bauzustande, 
als die des Singerthores, es sind daher viel weniger 
Auswechslungen und Ergänzungen vorzunehmen und 
aus diesem Grunde ist auch ein Ueberarbeiten des 
Aeußeren derselben unnöthig. 
Mit der Restaurirung der Strebepfeiler und Wände 
des Chores wurde begonnen, u. zw. mit dem süd 
östlichen Pfeiler des Zwölfbotenchores, für welchen 
bereits neue Quadern zum Versetzen vorbereitet sind. 
Von den Votivbildwerken wurden außer der vor 
genannten Loos lwmo-Statue neben der Vorhalle 
des Singerthores auch die 1625 von Solman Wolf 
gestiftete Loos llomo-Säule unter dem Bischofthore 
von dem Bildhauer Erl er und dem Maler Custos 
Gerisch restaurirt. 
Bekanntlich war letztere Säule durch einen Glas 
kasten gedeckt. Nach Entfernung desselben traten alte 
Freskomalereien, welche auf das Löss ffoino-Bild 
Bezug haben, zu Tage. Dieselben gruppiren sich an 
der Wand hinter der Säule, u. zw. in der Mitte 
die sogenannten Ollristi", das Kreuz mit 
den Marterwerkzeugen, links der Judaskuß, rechts 
die Verläügnung Petrus und darunter links und 
rechts Inschriften. Links: ^.sxios gui timnsis gnm 
du wild suusg. doloris. Rechts: 0 vos oinnss 
grd tronsitis psr viam. atbsirdits st viclsts, si 
sst dolor siout dolor msus. 
Unter der Vorhalle des Bischofthores befindet sich 
ein gut erhaltenes Werk (Christus am Oelberg) der 
frühgothischen Plastik aus dem XIV. Jahrhunderte, 
an welchem nach Entfernung der Tünche die alte 
Polychromie sichtbar wurde, in so unverletztem Zu 
stande, daß eine Restaurirung derselben unnöthig er 
scheint. 
An der Westfront des Domes wurden die in der 
Bauhütte restaurirten Grabdenkmale des Matthäus 
Hauer aus Markt Türnitz ff 1515; des Handels 
mannes Andreas Wolf ff 1568; des Sebastian 
Khobler von St. Gallen ff 1566 aufgestellt. Ferner 
wurden restaurirt das Epitaphium des Stadtunter 
kämmerers Colman Schen ff 1569, das Todtenschild 
des Bürgers Georg Engelhard ff 1580; abgetragen 
wurden und in Restaurirung befinden sich die Epita 
phien des Bürgers Caspar Aichinger ff 1603 und 
des Handelsmannes und Mitglied des inneren Rathes
	        
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