Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 7 (3. Serie) 1902 (21.1902,7 (3. Serie))

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1901, worin das Ministerium seinen Standpunkt in 
Restaurierungsangelegenhciten im allgemeinen und 
gegenüber dem Riesentor im besonderen darlegt und 
hinzugefügt, daß die Bauschäden am Riesentor keine 
solchen zu sein scheinen, daß unbedingt zur Aus 
wechslung des beschädigten Materiales geschritten 
werden müßte und daß eine einfache Abdeckung mit 
Kupferblech genügen würde. . . In letzterer Hinsicht 
sieht das Ministerium gegebenen Falles einer ein 
gehenden Berichterstattung und Antragstellung entgegen. 
18. Jänner 1902. Die Zcntralkommission eröffnet 
dem Wiener Dombauvcrcine, daß die Eingabe des 
selben vom k. k. Ministerium für Kultus und Unter 
richt abschlägig beschieden sei. 
18. Jänner 1902. Gegenvorstellung der Zentral 
kommission an das k. k. Ministerium für Kultus und 
Unterricht. — Die Zentralkommission legt noch 
mals das Projekt des Dombauvereines mit dem ein 
dringlichen Ersuchen um Genehmigung vor. 
4. März 1902. Erledigung dieser Gegenvorstellung 
im ablehnenden Sinne durch das k. k. Ministerium. 
4. März 1902. Die Zentralkommission übermittelt 
dem Dombauverein diesen Beschluß des Ministeriums. 
6. März 1902. In der Ausschußsitzung werden die 
ministeriellen Erledigungen verlesen und der Beschluß 
gefaßt, dementsprechend das Bauprogramm für 1902 
aufzustellcn. 
22. April 1902. Eine von der Zentralkommission 
berufene Kommission, bestehend aus Mitgliedern der 
selben und beigezogenen Experten, untersucht den Bau 
zustand des Portalanbaues und findet ihn gefahrdrohend. 
26. Mai 1902. Eine vom k. k. Ministerium be 
rufene Kommission untersucht den Banzustand desselben 
Objektes und findet dasselbe wie die obengenannte 
Kommission. 
Bauprogramm für 1902. 
In dem vom Dombaumeister I. Hermann dem 
Dombauvereine vorgelegten Bauprojekte für 1902, 
datiert vom 19. März 1902, erscheinen folgende 
Arbeiten in Aussicht genommen: 
1. Fortsetzung der Restaurierung der Grabdenkmale 
und Votivbildwerkc. 
2. Restaurierung der Mittelpartie der Hauptfassade 
mit Ausschluß des Riesentores. An dem gegenwärtigen 
Bestände dieses Bauteiles sollen keine Veränderungen vor 
genommen werden; doch wird es sich notwendig er 
weisen, einen größeren Teil des schadhaften Haupt 
gesimses der Fassade zu erneuern, und auch die beiden 
sehr schadhaften, im Verfall begriffenen Standbilder des 
hl. Erzmärtyrers Stephan und des Erzengels Michael, 
welche eine Gefahr für die Passanten sind, durch neue, 
den alten streng nachgebildete zu ersetzen, ein Vorgang, 
der bisher bei allen schadhaften Statuen im Dome 
beobachtet wurde. 
3. Die Restaurierung der Strebepfeiler an der 
Südseite der Herzogenkapelle. 
4. Die Restaurierung des südlichen Heidenturmes, 
welche, wenn die Mittel von Seite der Kirchen- 
vorstehung in entsprechendem Maße zur Verfügung ge 
stellt werden, bis unter die Spitzen der Helmgiebcl 
zur Durchführung gelangen könnte. — Dieses Programm 
wurde in der Vollversammlung des Vereines am 
12. Juni 1902 gutgeheißen. 
L i t t e r a t u r. 
Othmar von Leixner: Der St. Stephans 
dom in Wien. Verlag von W. Spemann in 
Berlin und Stuttgart. Das in schönem Gewände be 
scheiden auftretende Werk bildet das 10. Heft der 
1>. Serie von einem Unternehmen, welches Spemann 
den Herren R. Borrmann und R. Graul zur 
Durchführung übergeben hat; die Beschreibung 
wichtigster Bauwerke aus alter Zeit bis zu unseren 
Tagen, angefangen mit den Tempeln von Karnak und 
den jonischen Tempelbauten bis zu den neuesten 
Palästen der Ministerien und dem modernen englischen 
Wohnhaus. Ein Unternehmen, das wir nur frenndlichst 
begrüßen. Prof, vonLeixner bietet eine gedrängte 
Geschichte unseres Domes nach den neuesten Erkennt 
nissen. Eine wichtige Quelle für ihn war unser Dom 
bauvereinsblatt, in welchem Schmidt und Hermann, 
die Dombaumeister, die Ergebnisse ihrer Funde und 
ihre Ansichten über die Gestaltung des Domes in den 
verschiedenen Epochen niedergelcgt haben. An sie lehnt 
sich von Leixner an, wie auch der Grundriß des 
Gcsamtbaues mit Einzeichnung der wichtigsten Bau 
daten nach Fr. von Schmidt abgebildet wurde. 
Auch er ist der Ansicht, daß das romanische Portal 
ehemals höher war, einen Rnndbogenfries und unten 
als Toröffnung einen einfachen Rundbogen besaß und 
daß der jetzige Spitzbogen später eingesetzt worden sei 
(S. 2 und 4). Aber auch die Brandtheorie nahm 
von Leixner auf, welche nun in der neuesten 
Arbeit Prof. Dr. H. Swoboda mit Glück be 
kämpft hat. Leixner führt die Geschichte des Domes 
bis zum Wirken des jetzigen Dombaumeisters und 
wendet sich S. 6 zur Beschreibung des Domes und 
seiner einzelnen Teile. Wir können nur die Genauig 
keit und Klarheit des Gebotenen anerkennen. Die im 
Texte eingeschalteten Bilder und Pläne präsentieren 
sich auch wegen des besonders glatten Druckpapieres 
vornehm; neu und besonders interessant ist die in 
Lichtdruck ausgeführte Aufnahme der Gewölbedecke in 
der St. Katharinenkapclle, weil hier das kühn auf 
einen mitten hängenden Schlußstein auflaufende Rippen 
gewölbe zu deutlicher Anschauung gebracht ist. Nicht ge 
ringeres Lob verdienen die sechs großen Lichtdrucktafeln. 
Allerdings gibt es ein Paar Punkte im Texte, welche 
der Korrektur bedürfen, allein sie hier zu finden inter 
essiert unsere Leser nicht. Neumann. 
Notizen. 
Am 12. Juli 1902 starb zu Reichenhall Herr 
Oberbaurat Karl Prenninger, Obmann des 
Dombaukomitees, hochverdient um unseren Dombau. 
li. I. ?. 
Herausgegevc» vom Wiener Dombauverctne. 
Redakteur: Prof. Lr. Wilhelm A. Reumann. 
Kanjiei des Vereines: Stadt, fürsterzbischösliches Palais. 
Druckerei rer k. Wiener Zeitung.
	        
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