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Helm sich holen wollte, Schlüsse auf das alte Materiale
ziehen wollte, wäre der Selbsttäuschung sehr aus
gesetzt. Besser ist das kais. naturhistorische Hofmuseum
daran, da es ein Stück besitzt, das vor der Restauration
von 1810, eines das vor der von 1830, ein drittes
von der vor 1842 herabgebrochen wurde. Obschon die
Wahrscheinlichkeit, ein Stück aus dem XV. oder XVI.
Jahrhundert zu erhalten, nur bei der ersten Probe
eine große ist und die beiden anderen schon weniger
Wahrscheinlichkeit bieten, hat es sich doch gefügt, daß
alle drei Proben Margaretener Kalksand
stein, respektive Breitenbrunner Kalk
sandstein sind. Es dürfte also im XVI. Jahr
hundert ein Wechsel des Gesteines stattgefunden haben.
(Schluß folgt.)
Chronologie der Domportalfrage aus dem
amtlichen Materiale des Dombaunereins-
Ausfchujfes.
1864. „Architekt Leopold Oescher beginnt die
von der Regierung ihm übertragene Aufnahme des
Wiener St. Stephansdomes mit der genauen Ver
messung des Westportales." So nach M e l l y, der
durch O e s ch e r 's Arbeit zur Herausgabe des
Werkes „Das Westportal des Domes zu Wien 1850"
angeregt wird. Oescher hat die alte Polychromst
der „Halle" des Portales gefunden. Eine ältere
sorgfältigere und eine jüngere. Er glaubt sie durch
leichten Ölanstrich sichern zu können. Melly gibt
die in moderner Zeit restaurierten Stücke an.
1859. Dombaumeister Ernst ist der Ansicht, daß
der „Hauptfassade, welche in ihren plumpen unan
sehnlichen Massen mit dem Reichtum des ganzen
Kirchenbaues nur unangenehm kontrastiert, eine mit
der Würde des Bauwerkes mehr übereinstimmende Aus
stattung gegeben werden solle. — Dr. G. Heider
und die Zentralkommission für Denkmäler sprechen
sich entschieden gegen die Gotisierung aus. Das
Dombaukomitee geht auf die Idee des Dombaumeisters
nicht ein.
1881. Dombaumeister Schmidt legt dem
Ausschüsse des Dombauvereines das Bauprogramm
für das Jahr 1882 vor, in welches die stilgerechte
Zurückführung des Domportales ausgenommen ist.
Mit 13 gegen 4 Stimmen, die für die Vertagung
sich aussprachen (Dr. Bauer, Matzenaue r,
Prof. N e u mann und Archivar Dr. Weiß), wird
das Projekt angenommen; ebenso auf der General
versammlung vom 13. April 1882. — Die k k.
Zentralkommission hat (laut Sitzungsbericht vom
21. April und 5. Mai 188ch Wiener Zeitung,
1882, Nr. 115) die Ansicht ausgesprochen, daß die
Notwendigkeit einer baulichen Umgestaltung des
Riesentores nicht vorlicge, „Das Projekt selbst habe,
nach den am Denkmale selbst nachweisbaren Anhalts
punkten „seine anerkennenswerte Berechtigung".
Das k. k. Unterrichtsministerium hat sich dagegen
erklärt aus dem Grunde, daß dieser Antrag nicht
in den Wirkungskreis des Wiener Dombauvereines
gehöre. — Bald darauf erfolgte die Statutenänderung.
1901. Unter dem 14 Februar 1901 berichtet
der Dombaumeister Hermann dem Präsidium
des Dombauvereines, daß der bauliche Zustand des
Portales sich wesentlich verschlechtert habe. Die
oberen Schichten des Portalbaues sind total krankhaft
und bereits so wasserdurchlässig, daß auch das Innere
zu leiden beginnt. Verständnislose Restaurierungen —
— lassen das schon im hohem Grade in Verwitterung
begriffene Äußere nahezu ruinenhaft erscheinen. Diese
Verwahrlosung des Portalbaues ist der bedeutendsten
Kathedrale des Reiches unwürdig und muß endlich
beseitigt werden. — Er tritt für das als vorzüglich
anerkannte Restaurierungsprojekt der Dombaumeisters
Schmidt ein. Der künstlerische Gewinn müsse als
so bedeutend angesehen werden, daß der Verlust des
Spitzbogens nicht in die Wagschale fallen kann. Die
Idee Schmidt 's hänge mit dem ältesten romanischen
Teile des Portales (im Innern auf der Orgelbühne)
zusammen.
Er beantragt Folgendes:
„4. Am Portaläußeren.
1. Beseitigung der bereits zugehauenen Sockel
steine und Wiederherstellung der Sockelgliederungen.
2. Erneuerung des vollständig verwitterten
Architravs.
3. Abtragung der beiden Wände und des die
selben abschließenden Spitzbogens der äußeren Tür
öffnung.
4. Erneuerung und Ausbau der äußeren Be
krönung des Portales.
6. Am Portalinneren.
1. Ergänzung der abgeschlagenen Zicrglieber der
Portallcibungen.
2. Neuherstellung der schlecht restaurierten Sockel
gliederungen.
An den plastischen Bildwerken am Äußeren wären
nur geringfügige Ergänzungen fehlender Teile vor-
zunchmen."
Das Baukomitee (am 21. Februar 1901) wie der
Ausschuß (Sitzung vom 7. März) des Dombauvereines
haben sich einstimmig für dieses Bauprogramm entschieden
und in der Eingabe vom 15. Mai 1901 sich an
Se. Eminenz den Herrn Kardinal Fürsterzbischos von
Wien Dr. A. Gruscha gewandt mit der Bitte,
dieses Projekt dem hohen Unterrichtsministerium be
fürwortend vorzulegen, welcher Bitte der Kardinal
willfahren hat.
23. Juni 1901. Zuschrift der k k. Zentral
kommission an den Präsidenten des Dombauvereines
Dr. Moriz Lederer, worin dieselbe erklärt von
der oben bezeichneten Akzion mit lebhafter Befriedigung
Kenntnis zu nehmen und vollständig einverstanden zu
sein und die Genehmigung des Projektes beim
k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht zu
befürworten.
23. Dezember 1901. Erlaß des k. k. Ministeriums
für Kultus und Unterricht an die k. k. Zentralkommission
als Erledigung eines Berichtes derselben vom 26. Juli