jetzige Portal von St. Jakob in Regensburg hat, weil
jünger als Schotten in Wien und St. Stephan,
dieses „protzende" Wesen aufgegeben : aber die Selbst
ständigkeit des Baues, die Arkadenstellung hat es doch,
und zwar nicht in der ruhigen Einfachheit des Wiener
Portales. -— Wie der Vers., vielleicht gerade durch das
Regensburger Portal gezwungen, die Richtigkeit des
Schmidt 'schen Projektes inbezug auf die Bekrönung
des Portales zugiebt, also die Selbständigkeit dieses
Baues: will er diesen selbständigen Bau für verpflichtet
erklären, sich einem viel jüngeren Bau zu unterordncn,
bloß weil dieser den alten Bau verstümmelt hat,
und nun in seinem Possessus geschützt werden soll.
Das heißt, dem alten Portale, das ein älteres Recht
der. Existenz hat, Unrecht tun: ja der Gedanke führt
zu einer bösen Konsequenz. Am Ende sollte man das
Portale noch mehr verstümmeln, dasjenige noch ab-
haucn, was sich dem Gesammteindruckc der Fassade
nicht fügen will. Es geht also nach unserer Ansicht
nicht an, daß das Fassadensenster irgend wie bestimmend
auf die Form, auf die legitime Form (also mit
dem Fries und deutschem Bande und erhöhtem Dache)
des alten Portales zurückwirke. Denn selbst in seinem
jetzigen Zustande, der Schönheit beraubt, mit einem
ihm nicht Zugehörendcn behaftet, welches die Reste
der Schönheit dem Beschauer verhüllt: selbst in diesem
Zustande begehrt das Riesenthor, eben als selbst
ständiger — seine alte Schönheit reklamierender —
Bau am Dome betrachtet zu werden, wie die anderen
vier Portale, bei denen man ja auch nicht erst um
das Fenster sich umsteht, ob es richtig oben sich be
findet. Ein solches Portale, wie das Riescntor, kann,
wenn es dem Bauherrn paßt, auch an die Langseite
gestellt werden, siche St. Jakob in Rcgensburg oder
a n die Fassade, welche eventuell, wenn beide gleich
zeitig entstehen, mit dem Portale in Wechselwirkung
steht, aber nicht in der, daß das jüngere das andere
verstümmelt. Denn das Portale ist doch der untere,
ältere Theil. In Wien wurde das Verhältnis umge
kehrt; nun soll, Wenn wenigstens die Bekrönung her
gestellt wird, eine Harmonie zustande kommen, wie sie
anderswo herrscht.
S. 25 srägt sich der Vers., ob sein Auge besangen
sei (bei der Abschätzung der vier Radfenstcr an der
Fassade in ihrem Verhältnisse zu dem anzustrebcndcn
Rundbogentore). Res. möchte dieser Frage nicht ent-
gcgentreten. Denn es ist ja doch möglich, daß der
Vers., wenn sein Auge richtig sicht, sich der Erkennt
nis nicht verschließt, daß, wie das jetzige gotische Tor
ein recht dunkels Loch bildet, das romanische eine offene,
dem Lichte zugängliche Halle ist, an deren Wände
das Licht ungehindert kommen kann, von deren Säulen
und Archivolten Reflexe ungehindert nach allen Seiten
ausstrahlcn, fast wie beim Portale der Votivkirche. Ein
Loch entsteht in dieser breit ausladenden, schön ge
gliederten Wand, die durch den Vorbau eben nur an
Gliederung gewinnt, nur dann, wenn einmal die
hölzerne Türe offen steht und das ist sicher nicht so
groß, um mit dem Fassadenfenster zu konkurrieren.
Alles also, was von einem großen Loche der romani
schen Toröffnung vom Autor angeführt ist, kann nicht
als begründet erklärt werden.
Was aber die Nötigung anbelangt, deren Existenz
(S. 11) geleugnet wird, so ist Vers, eigentlich
derselben Ansicht, daß weder eine innere (vom
Projekte ausgehende), noch eine von außen kommende
Nötigung zur Ausführung des S ch m i d t'schen
Projektes existiert. — Richtig ist es, wenn der Vers,
in der Parallelstclle S. 24 einen anderen Ausdruck
wählt, „versprechen", nur daß dieser für den Res.
etwas unklar ist. Tatsache ist, daß der Vers, die
Ausführung des Projektes, auch wenn es richtig
wäre, als ungerechtfertigt nachzuweisen bemüht ist. —
Wenn nun eine Nötigung nicht existiert, so kann
es doch Gründe geben, die dessen Ausführung nicht
allein wollen, sondern auch fordern.
So lange das Portale sich in anständigem Zustande
befand, ruhte die ganze Frage: 20 Jahre lang. Nun
aber wirklich dasselbe in seiner oberen Partie bau
fällig ist und diese Gefahr schon selbst bis in das
Gewölbe vorzudringen droht, erwacht die Frage von
neuem. Da das Projekt Schmidt's von uns
nicht als unhaltbar, wohl aber als aus weiteren
Funden und Studien, die selbst der Broschüre ihre
Richtung verdanken können, korrigierbar erkannt ist,
ist der Dombauvercin fast genötigt, auf die künst
lerische Vollendung der Ruine hin-
zudrängen, denn zum Auswcchseln der schadhaften
Steine an der Bekrönung bedarf cs nur eines
Parliers, nicht eines Künstlers, dessen Bewußtsein sich
regt, so wie er sich vor eine künstlerisch lösbare
Arbeit gestellt sieht. Er wird die Arbeit des
Auswechselns ja thun, wie er sic bisher gcthan
hat, allein er fühlt sich als Künstler berechtigt, die
Vollendung des Domes, welche alle Erz
bischöfe von Wien seit Milde a n ge
strebt haben, mit seinem Kuustkönnen und nach
bestem Wissen und künstlerischen, wie archäologischen
Gewissen wirklich auszuführcn. Die bisherigen Erz
bischöfe nötigen ihn nicht blos zum Auswechseln
schadhafter Steine, sondern zur Vollendung des
Domes, daß er so schön sich repräsentiere, als cs
mit dem Stile, der in jedem seiner Bau- und
Einrichtungsteile zum Ausdrucke kommt, sich verträgt.
Der Willkür etwa eines Neugotikers, der völlig neu
Erfundenes an die Stelle eines berechtigten alten
Stückes setzen wollte, setzt sein eigenes, ich möchte
sagen, antiquarisches Bewußtsein, ja die öffentliche
Stimme ein scharfes Veto entgegen. Vom Dombau
vereine aus sieht sich die Sache so an: wäre das
Portale von St. Stephan, wie die Zopfaltäre im
Inneren, ein mindestens anständiger, die Kunst des
XVII. und XVIII. Jahrhundertes repräsentierender
Bau, so würden sowohl die Dombaumcister, als auch
der Dombauverein es als ihre Pflicht erkannt
haben, einfach die Erhaltung in statu quo, nur mit
Auswechslung schadhafter Steine durchzuführen; oft
genug hat der Dombaumcister und der Res. diesen
Standpunkt in offizieller Weise betont. Beide haben oft
die schützende Hand über ziemlich „ländliche" Zopf
altäre gelegt, welche aus Vorliebe für den „echt
kirchlichen gotischen" Stil einer modernen Tischler-Gotik
den Platz räumen sollten. Unser Fall ist ein anderer,
als der des Domportales von Metz, wo man ein