Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 21 (3. Serie) 1905 (24.1905,21 (3. Serie))

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der Neubau i°es Domes verdrängte ihn Die Meß 
stiftung wurde auf den St. Blasieualtar in der 
Herzogenkapelle übertragen und blieb dort, bis der 
neue Baldachin fertig war, 1448, den die reiche 
Familie der F ü ch s e l, besondere Wohltäter des Domes 
und des Kapitels, gestiftet haben. Die ältere Meß 
stiftung stammte von der Familie Graf, die neuere 
von den F ü ch s e l. Ein Maler Gries licsirtc 
1476 eine Tafel, Wohl St. Ulrich darstellend, zu 
diesem Altäre. Den Titel St. Ulrichsaltar bunt 
noch Ogesser, S. 129, unter diesem Namen. 
Aber schon berichtet er, daß das Altarblatt den 
hl. Leopold vorstelle. Von wem und wann das Bild 
gespendet worden sei, sagt er nicht. Also erst nach 
Ogesser wurde die Benennung nach St. Leopold 
eingeführt, und das mit Recht. Es geziemte sich, daß 
auch der Landespatron auf eiium eigenen Altar be 
sonders verehrt werde. Und zu dieser Verehrung trägt 
der neue Altar sicher bei. Bedarf nicht unser Lau» 
und unsere Stadt gerade jetzt des besonderen Schutzes 
seiner heiligen Patrone?*) 
Neuman n. 
Jutnlüumskier des Domlmuvereins. 
Am 8. November l. I. feierte der Wiener Dvm- 
bauverein dos 25jährige Jubiläum seines Bestandes 
Das Präsidium hatte die Mitglieder, Gönner und 
Freunde des Vereins zu einer Fcstvcrsammlung im 
großen Saale des Ingenieur- und Architektentnreins 
berufen. Zahlreich fanden sie sich ein. Es wäre schwer, 
alle die Namen zu nennen. Wir führen nur wenige 
Spitzen an, um nicht ein Verzeichnis geben zu müssen : 
Se. bischöfl. Gnaden der hochwürdigste Herr Weih 
bischof Dr. Gotfried M a r s ch a l l, Se. Exz. der 
Statthalter Graf Kielmansegg, der Leiter des 
Ministeriums für Kultus und Unterricht Baron 
Bienerth und andere hohe Beamte desselben, 
Mitglieder des Domkapitels und der Geistlichkeit des 
Domes, zahlreiche Künstler und Schriftsteller u. s. w. 
Der Präses C. v. Zumbusch eröffnete die Ver 
sammlung mit einer Begrüßung der Anwesenden. 
Nach Verlesung der Einläufe (Entschuldigungen und 
Depeschen) und der Gratulationsschreiben erteilte der 
Vorsitzende dem hochwürdigsten Herrn k. k. Sektions- 
chef, Domprälaten rc. Dr. Hermann Zschokke das 
Wort zu seinem Vortrage über die Bauperivden 
unseres Domes, der hier seinem vollen Wortlaute 
nach zum Abdrucke kommt. 
Hochau sehnliche Versammlung! 
Unter den großartigsten der österreichischen und wir 
können Wohl sagen der europäischen kirchlichen Bau 
denkmale nimmt der Stephansdom in Wien einen 
hervorragenden Platz ein. Mit Stolz und Bewunderung 
betrachtet jeder Wiener, ja jeder Österreicher den in 
die Lüfte ragenden und nach oben sich allmählich ver 
jüngenden Stephansturm, das Wahrzeichen Wiens, ja 
ganz Österreichs, und es wird wohl nicht viele Menschen 
*) Das Gemälde am St. Josefsaltar trägt 
die Signatur Schoomaus 1699, wornach meine Angabe 
„Sconzani" (190ö, Nr. 20, S 92, Sp. 1) richtigzustclleu ist. 
in der Monarchie geben, die nicht wenigstens dem 
Namen nach vom St. Stephansdomc gehört haben. 
Dieses kirchliche Baudenkmal ist nicht allein für den 
Kunstkenner interessant wegen der Schönheit der Formen, 
der Ehrwürdigkeit und Harmonie seiner Verhältnisse 
und Zier, wegen der Eigenart seines weltberühmten 
Turmes; er ist uns Österreichern und Wienern so 
lieb und teuer, weil seiue Geschichte uud Bausormen 
uns die Geschichte unseres Vaterlandes, die sich 
succedicrendcn Herrschergeschlechter und mit ihnen zu 
gleich die schönsten Proben der jeweiligen Künste mit 
einem Blicke überschauen läßt. 
Weil jedoch alles, was Menschenhand geschaffen hat, 
dem ragenden Zahn der Zeit und den zerstörenden 
Wetterunbildcn unterliegt, so konnte auch dieses herr 
liche Bauwerk, das für ewige Zeiten erbaut schien, 
diesen zerstörenden Einflüssen nicht entgehen. Zur Er 
haltung nnd Restaurierung des schadhaft gewordenen 
Domes wurde im Jahre 1857 ein Baukomitee für 
St. Stephan konstituiert, welches die Restaurierungs- 
arbeitcn beraten und für den nötigen Aufwand sorgen 
sollte. Dank der wohlwollenden Fürsorge der k. k. Re 
gierung und der Gemeinde Wien sowie der Spenden 
großmütiger Wohltäter waren vom 13. März 1858 
bis Ende Mai 1881 1,407.862 fl. 58'/2 kr. zu- 
sammeugebracht worden, die für die Restaurierung 
verausgabt wurden. Ungeachtet dieser anscheinend be 
deutenden Summe befand sich das Innere des Domes 
in jenem Zustande der Halbheit, welche in ästhetischer 
Hinsicht schlimmer ist, als wenn sich eine restaurierende 
Hand nie daran gewagt hätte; leider hatte man da 
mals der einfachen alten Bauktugheit wenig Be 
achtung geschenkt, daß, wenn auf einmal größere 
Summen verwendet würden, billiger zu bauen 
wäre. Dieser Zustand konnte nicht für immer so 
bleiben, denn wollte man auch die ästhetischen Rück 
sichten außeracht lassen, so erheischten doch die scha d- 
haften nnd gefahrdrohenden Netz 
gewölbe des Langhauses an sich schon eine gewisse 
Restauration. 
Nachdem der Staat und die Kommune Wien jede 
weitere Beitragslcistung verweigert hatten, blieb kein 
anderer Ausweg übrig, als das Interesse der Be 
völkerung für dieses eminent patriotische Interesse zu 
wecken. Schon der für den Dom begeisterte Kardinal 
Fürsterzbischof Ritter von Rausche r hatte die kaiser 
liche Genehmigung zur Gründung eines Dombau- 
vcreincs erwirkt, aber leider waren die Zeitverhält 
nisse nicht geeignet, um zur Kräftigung des Fondes 
an die Eröffnung neuer Einnahmsquellen denken zu 
dürfen. Sein Nachfolger, Kardinal Kutschker, hielt 
im Jahre 1880 den einem solchen Unternehmen 
günstigen Zeitpunkt für geeignet, und hervorragende 
Männer des weltlichen und geistlichen Standes leisteten 
dem an sie ergangenen Rufe zur Gründung eines 
Dombauvereines freudige Folge. Nachdem man sich der 
Gnade Sr. Majestät des Kaisers uud des besonderen 
Schutzes weiland Erzherzogs Kronprinzen R u- 
dolf versichert hatte, konnte man an die Durch 
führung des Plaues schreiten. Das Programm für 
die innere Restauration des Domes, welches der Dom- 
baumeistcr im Mai 1880 dem Kardinal überreichte, 
lautete einfach dahin, den Bau selbst sowie alle darin
	        
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