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Full text: Wiener Dombauvereins-Blatt Nr. 22 (3. Serie) 1906 (25.1906,22 (3. Serie))

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Im freien Chor wird der neue Marienaltar be 
gonnen. 
Auch auf die obere und untere Sakristei erstreckte 
sich die Restaurierungstätigkeit des Dombaumeisters. 
Nachdem 1888 die Gewölbe des Langhauses in baulich 
gefunden Zustand versetzt waren, nachdem 1889 auch 
die Halle unter dem Hochturm beendet war, konnte 
der Dombaumeister 1890 erklären, daß der bauliche 
Teil der Restaurierung des Inneren, auch die Reno 
vierung der Barockaltäre, der Epitaphien, der Kanzel 
und Baldachine u. s. w. abgeschlossen sei. Damit war 
die erste Periode im Wirken des Dombauvereincs ge 
schlossen. Der Verein ließ daher 1890 eine Medaille, das 
einfachste bleibende Denkmal, prägen und ein Exem 
plar in Gold dem Dombaumeister überreichen, der 
am 22. Jänner 1886 in den Freiherrnstand erhoben 
worden war (Dombau-Blatt, I. 164) und wieder im 
Jänner (22.) 1888 sein Jubiläum am Dome hatte feiern 
können. Nicht dachte er gleich an die Ausschmückung. 
Einiges war im Werke: der neue Marienaltar, das 
Türkendenkmal. Aber diese zwei Werke lagen nicht 
innerhalb des Wirkens des Dombanvercines. Vielmehr 
hätte Schmidt an eine diskrete Polychromierung des 
Inneren gedacht, wie sie ehemals wirklich bestand. 
Aber nur, entsprechend unserer Zeitrichtung, sehr diskret. 
Im Langschiffe war überhaupt nur wenig Polychromie 
vorhanden, im Albertinischen Chor etwas mehr. Ob 
schon auch hier im XV. Jahrhundert, wie wir gesehen 
haben, von einer Dealbatio der Kirche die Rede war. 
Allein diese dürste doch zunächst nur die unteren 
Partien, die unter dem Fenster, betroffen haben. Die 
Schlußsteine, die Baldachine waren ehemals in Farbe 
und Gold, die Nischen der Statuen in Farbe (wie sie 
'm Langhause angetroffen wurden), die Gewölbe in 
Farbe, die Gewölberippen nahe den Schlußsteinen in 
Grün und Rot (Polychrom). (Dombauvereins-Blatt, 
Ü- 9.) Wünschenswert schien ihm — ein würdiges Ob 
jekt für monumentale Malerei — in Mosaik — ein Bild 
über dem Triumphbogen, wie im Ulmer Dome. 
Allein, cs sollte anders kommen. Die von 
^ r n st ausgebauten Giebel zeigten sich so 
schadhaft, daß die Passanten gefährdet schienen, 
weil die Zierglieder daran abzustürzen drohten. Eine 
Kommission von Experten untersuchte am 10. No- 
bember 1880 mittels eigens ausgestellter Ge- 
wiste den östlichen Ziergiebel des südlichen Lang 
hauses, die Galerien des Daches und den Glockenstuhl, 
^iese Kommission konstatierte die zerstörende Wirkung 
w's Zementes, der bei der Konstrnkzion derselben ver 
wendet worden ist. Zugleich konstatierte die Kommission, 
uaß der ausgebaute Friedrichsgicbel ober dem Singcrtor 
vom mittelalterlichen Erbauer ohne Krabben an den frei- 
^lwnden Partien sei gelassen worden, was bei der 
^^Herstellung der anderen Giebel als Normativ 
8Aten sollte. In Rücksicht auf die eminente Feuers- 
öcfahr, die der Stadt drohte, wenn einmal das Dach- 
Stephan in Brand geraten sollte, wurde 
w Idee des Dombaumeisters vom Baudirektor der 
tadt Wien als richtig erkannt, daß der hölzerne 
"uchstuhl durch einen eisernen ersetzt werden sollte. 
DieseJdee nahm Meister Schmidt ins Grab mit. 
, r starb 1891. In seinem Geiste arbeitet sein lang- 
Whriger Mitarbeiter an allen Unternehmungen am 
"Lome Julius Hermann, der am 23. Februar 1891 
zunächst die provisorische Leitung der Dombauhütte über 
nahm und bald zum Dombaumeister ernannt wurde. 
Der Dombauverein beschloß, wenigstens teilweise 
die Mittel zur Wiederherstellung der Ziergiebel bei- 
zustellen. Noch im Baujahre 1890 war an zwei der 
südlichen Giebel die Restaurierung ziemlich beendet; ge 
schlossen wurde die ganze Arbeit erst im Dezember 1892. Der 
Friedrichsgiebel, der aus porösem Kalkstein von Eggen 
burg und Eisenstadt erbaut war, wurde mit sehr 
gutem Margaretner - Sandstein umfassend renoviert. 
Parallel damit ging die Wiederherstellung des Dann- 
hauser'schcn Armcnsünderbildes außen in der Nische 
des Hauptchores, des Eccehomobildes beim Bischoftor 
und der drei Reliefs vom Leiden Christi, eines Kunst 
werkes vom Anfang des XV. Jahrhunderts und einer 
Unzahl von Epitaphien. 
Auch auf der Dachgalerie des Presbyteriums hatte 
der Zement seine zerstörende Wirksamkeit geübt. 1893 
und 1894 (Dombauver.-Bl. II, 134) mußte der größere 
Teil der Fialen entfernt werden, auch solche, welche 
intakt schienen, 1894 die Galerie des Marienchors 
(Geländer und Säulen); 1895 mußten die meisten 
Werkstücke dieser Galerie auf dem Zwölfbotenchor 
ausgewechsclt werden. (Dombauver.-Bl., II. 1,34.) Auch 
die Überarbeitung der Wände der Katherinenkapelle 
war notwendig; 1893 wurden drei Statuen für 
die Baldachine in derselben aufgestellt. Das An 
denken der Dombaumeister Ernst und Schmidt 
wurde durch künstlerische Relieftafeln am Unterbau 
des Hochturmes 1894 verewigt. In diesem Jahre 
war das Innere der Halle beim Singertor mit 
teilweiser Abtragung und Wiedereinziehung des Ge 
wölbes vollendet; 1895 mußte auch das Außere, dessen 
zerrissene Galeriefialen und Kreuzblumen schon 1880 
abgetragen worden waren und deren Außenzier beim 
Hagelschlag vom 7. Juni 1894 völlig abgerissen worden 
war, einer Erneuerung unterzogen werden, die im 
Jahre 1896 fertig war. Der östliche Pfeiler derselben 
wurde vollständig ausgewechselt. 
Damit war die Südfront des Langhauses genau 
im Sinne der alten Baumeister und vielleicht besser, 
als sie es gemacht, hergestcllt. (Dombauver.-Bl., II. 158.) 
Auch auf der Nordfront zeigten sich neuerdings 
Schäden. Hier beginnt 1896 die Restaurierung an 
der Vorhalle des Bischoftvrs, das freilich viel besser 
erhalten war, als das Singertor; beendet 1897. 
Für die Strebepfeiler und Wände bes Chores mit 
dem südöstlichen Pfeiler des Zwölfbotenchores wurden 
noch im Dezember 1896 die Quadern vorbereitet. Sie 
wurde im nächsten Jahre 1897 mit dem sehr schadhaften 
Pfeiler, wo die Sonnenuhr ist, beendet. (Dombauver.- 
Bl., II. 178.) Dazwischen die Renovierung des plastischen 
Denkmalschmucks beim Bischvstor. 
1897 wurde ein Gerüst an der Westfassade auf 
gestellt für die Auswechselung schadhafter Steine an 
der linken (nördlichen) Partie, welche am 13. Mai 
1897 begann. — Zur Restaurierung der Heidentürme 
leistete der Dombauverein Beiträge. Es war dies 
eine Arbeit, der sich der Dombaumeister I. H e r- 
m ann berühmen mag, weil sie große technische 
Schwierigkeiten bewältigte und den kühnen Her 
stellungen in dem südlichen Seitenschiffe und in 
den Turmhallen Nichts nachgab. 1898 wurden die 
Dachgalerie und die Strebepfeiler-Endungen der Tirna-
	        
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